An Rhein und Ruhr. Nach dem Starkregen haben viele Flüsse in NRW Hochwasser. Talsperren müssen Wasser ablassen. Allzeit-Rekord für Juli bei Rheinpegel erwartet.
Nach eineinhalb Tagen Starkregens NRW haben Feuerwehr und andere Einsatzkräfte auch am Donnerstag noch an vielen Stellen zu kämpfen, weil sich die Hochwasserlage verschärft hat. Im Kreis Euskirchen drohe der Damm der Steinbachtalsperre zu brechen. Die Autobahn A61 wurde deshalb am Donnerstag gesperrt.
Kritisch war die Lage zeitweise auch an der Bevertalsperre und der Wupper-Talsperre. Dort wurde Wasser kontrolliert abgelassen. Auch der Ruhrverband ließ am Donnerstag Wasser aus Talsperren ab. Dies ließ die Pegel angeschlossener Flüsse kräftig steigen.
Hochwasser in NRW: Überflutungen in mehreren Städten
Vielerorts mussten Menschen vor den Fluten in Sicherheit gebracht werden. Die Stadt Leichlingen warnte in der Nacht vor einer Flutwelle der Wupper, weil Wasser aus der Wupper-Talsperre abgelassen wurde. Anwohner im Bereich des Flusses sollten sich in höhere Stockwerke begeben, warnte die Stadt. Die Innenstadt sei komplett überflutet, hieß es am Donnerstag.
- Auch Teile Langenfelds wurden überflutet, ebenso Teile von Opladen.
- Der Ausflugsort Solingen Unterburg - unterhalb von Schloss Burg - wurde gesperrt, weil die Wupper Brücke und Straße überflutet.
- Auch in Wuppertal wurden wegen des Wupper-Hochwassers Straßen im Tal gesperrt. Der Zoo ist geschlossen, weil Strom ausgefallen ist. Busse der WSV fahren nicht.
- In Leverkusen trat das Flüsschen Dhünn über die Ufer - ein Krankenhaus musste evakuiert werden, weil es eine Störung in der Stromversorgung gab.
- In Hagen sind am Donnerstag auch Teile der Innenstadt überflutet, wegen Hochwasser des Flusses Volme. Auch hier warnte die Stadt Anwohner, höhere Stockwerke aufzusuchen.
- Teile Essen-Kupferdrehs standen am Donnerstag unter Wasser, für Mülheim gab es die Warnung, Teile der Innenstadt drohten überflutet zu werden.
- In Hattingen an der Ruhr sind Rettungskräfte wegen Überflutungen im Dauereinsatz.
- In Düsseldorfist die Ostpark-Siedlung im Stadtteil Grafenberg überschwemmt.
Der Netzbetreibers Westnetz teilte am Donnerstagmorgen mit, rund 190.000 Haushalte in Eifel und Bergischem Land seien ohne Strom, weil Umspannwerke und andere Anlagen überflutet seien und abgeschaltet werden mussten. Informationen finden sich hier (externer Link).
Hochwasser in NRW: Flusspegel innerhalb von Stunden stark gestiegen
Die Pegel von Flüssen haben am Donnerstag binnen Stunden Höchststände erreicht, teilt das Landesumweltamt NRW (Lanuv) mit. An insgesamt 23 Bächen und Flüsschen von Agger bis Volme, die in Erft, Rur, Ruhr, Sieg oder Weser fließen, wurde am Donnerstagmorgen Hochwasser gemeldet, teilte das Lanuv mit. Pegelstände hatten sich innerhalb von wenigen Stunden zum Teil vervierfacht, geht aus Daten des Lanuv hervor:
- In der Wupper bei Opladen wuchs der Pegel von 4 Uhr bis 22 Uhr am Mittwoch den Daten des Lanuv nach fast um das vierfache und stieg in der Nacht zu Donnerstag auf bis zu 4.20 Meter.
- In der Ruhr bei Oeventrop stieg der Pegel zeitweise von 1.80 Meter gegen 8 Uhr am Mittwoch auf 3.30 Meter in der Nacht zu Donnerstag. Seitdem sinkt der Pegel leicht.
- Der Wasserstand der Volme hat sich in Hagen-Eckesey im Vergleich zum üblichen Stand in Juni und Juli am Donnerstag fast verfünffacht auf 4,40 Meter. Bei Lüdenscheid wurden laut Lanuv am Donnerstag zeitweise gar das zehnfache des Pegels von Dienstag gemessen: 2,50 Meter statt 25 Zentimeter.
- Die Düssel - der Bach der der Stadt Düsseldorf ihren Namen gab - verdreifachte in Erkrath, das vom Starkregen besonders getroffen wurde, den Wasserstand innerhalb von 24 Stunden in Wellenform: Gegen Mitternacht zu Mittwoch wurden im Bereich noch etwa 1.10 Meter gemessen, drei Stunden später bereits zwei Meter. Gegen 8 Uhr lag der Pegel bei etwa 2,50 Meter und sank, bis er am Mittwochabend erneut stieg und in der Nacht zu Donnerstag die drei Meter überschritt.
- In der Erft stieg der Pegel binnen sechs Stunden in Höhe der Einmündung des Swistbachs beim Ort Morenhoven von gut 65 Zentimeter auf 2,40 Meter und hielt sich seitdem auch in der Nacht zu Donnerstag auf diesem Niveau. Bei Bliesheim verdreifachte sich der Pegelstand innerhalb von 24 Stunden bis Donnerstagmorgen, 8 Uhr von etwas über 80 Zentimeter auf über 3,40 Meter.
Talsperren müssen Wasser ablassen - „aber wir stauen auch noch auf“
Der Ruhrverband am Donnerstag meldete bereits vor Tagen einen „Rekordstauinhalt“ seiner Talsperren: „So voll wie heute waren die Talsperren des Ruhrverbands noch nie“, teilte der Ruhrverband am 9. Juli mit. Mit 451,52 Millionen Kubikmetern Wasser sei ein neuer Rekord aufgestellt worden; im Verhältnis zum langjährigen Mittel waren das 113 Prozent. Im Juli 2020 wurden nur 72,3 Millionen Kubikmeter gezählt. Seit Mittwoch steigen die Pegel der Talsperren erneut, berichtete am Donnerstag Sprecher Markus Rüdel.
Aktuell sind die Hennetalsperre, die Ennepetalsperre und eine kleine Talsperre bei Lüdenscheid „voll“, sodass Wasser abgelassen werden muss. Ingesamt wurden am Donnerstagmorgen - Stand 9 Uhr - 141 Kubikmeter Wasser pro Sekunden aus den Talsperren des Ruhrverbands abgelassen, 182 Millionen Kubikmeter fließen pro Sekunde hinzu, sagte Rüdel. „Wir stauen aus Rücksicht auf die Flusspegel noch auf, auch wenn alle Talsperren an ihrer Kapazitätsgrenze sind“, erklärte Rüdel, um die Hochwasserbelastung zu mindern.
Nach Einschätzung des Ruhrverbands deute sich an, dass sich die Lage bessere: „Der Starkregen ist durch“, meinte Rüdel. Die Wetterlage sei aber noch schwierig zu prognostizieren, sagte Rüdel. Die Zuflüsse zu den Talssperren dürfen ihren Scheitelpunkt erreicht haben.
Rhein-Hochwasser: Neuer Allzeit-Rekordwert für Juli erwartet
Auch der Rheinpegel ist deutlich gestiegen, berichtet Jan Böhme, Gewässerkundler beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Duisburg. „Wir erwarten den Hochwasserscheitel für das Wochenende“, sagt Böhme. In der kommenden Woche geht man dann von sinkenden Pegeln aus.
Der Pegel in Duisburg-Ruhrort lag am Donnerstagmorgen bei 7.80 Meter, „das ist der höchste Wert seit 1980 in diesem Bereich“, sagte Böhme. Knapp über 9 Meter werden am Wochenende in Duisburg-Ruhrort noch erwartet, erklärte Böhme: „Dann hätten wir einen neuen Rekordwert für den Monat Juli seit Beginn der Aufzeichnungen dieser Daten.“ Zum Vergleich: Bei Winterhochwassern steigt der Pegel in Duisburg-Ruhrort bis auf elf Meter.
Für die Schifffahrt gibt es bereits erste Einschränkungen, hieß es beim Wasser- und Schifffahrtsamt. Im Bereich Köln/Bonn wurde am Donnerstag die Hochwassermarke 1 überschritten. Schiffe müssen mit reduzierter Geschwindigkeit fahren - in der Flussmitte. Höchstens 20 Stundenkilometer sind erlaubt. Am Freitag wird die Hochwassermarke 2 erwartet - dann sollte der Pegel in Köln über 8.30 Meter steigen und es käme zu einer Schifffahrtssperre, hieß es beim Wasser- und Schifffahrtsamt. „Auf der übrigen Rheinstrecke bis zur deutsch/niederländischen Grenze ist nicht mit einer Schifffahrtssperre zu rechnen.“