London. Die erste Frau in der traditionsreichen Garde der Wachsoldaten hat eine hässliche Fehde ausgelöst. Zwei Herren der "Beefeaters" sollen ihre weibliche Kollegin gemobbt haben. Daraufhin mussten sie ihren Hut nehmen und klagen nun ihrerseits – wegen Sexismus'.

Eigentlich sollen sie die Kronjuwelen beschützen, doch seitdem mit Moira Cameron erstmals eine Frau in die traditionsreiche Riege der Beefeater aufgenommen wurde, herrscht im „Tower of London” ein exquisiter Kleinkrieg. Jetzt müssen zwei Herren der Garde ihren Hut nehmen und klagen – wegen Sexismus'.

Bruch mit 1000-jähriger Tradition

Wenn der Chef große Innovationen ankündigt, herrscht im Kollegenkreis meist nur sehr gedämpfte Vorfreude. So muss es wohl auch im Londoner Tower gelaufen sein, als den 34 jovialen Rotröcken vor zwei Jahren eine Sensation angepriesen wurde: Die hübsche, resolute Schottin Moira Cameron sollte sie bei der Patrouille verstärken.

Vielleicht liegt es an diesem Bruch mit der 1000-jährigen Tradition in der Themseburg, vielleicht auch daran, dass Moira so feminin die Uniformtaschen lobte, weil hier „Schminkspiegel und Lippenstift prima reinpassen”. Vielleicht aber ist „Beefgate”, wie der Skandal längst heißt, auch schlicht der Beweis dafür, dass Männer und Frauen noch einen holprigen Weg vor sich haben. Der Modernisierungsversuch dieser Herren-Bastion ist jedenfalls grandios gescheitert.

Hasskampagne

Los ging es wohl mit kleinen Beleidigungen, die fiese Kollegen in Moiras Spind steckten. Einer türkte ihren Wikipedia-Eintrag und log darin, dass sie den Tower „aus gesundheitlichen Gründen” verlassen hätte. Doch die Beefeater, die Touristen meist als gutmütig-skurrile Wächter kennen, zogen mit noch subtileren Waffen in diese Hasskampagne.

Da ist die Rede von Mark Sanders-Crook, der „vor Wut schnaubte, als er mich sah”, wie Moira Cameron zu Protokoll gab, „und hörbar einatmete”. Zu einem Treffen, organisiert von den Ehefrauen der Beefeater, sei sie erst gar nicht eingeladen worden: „Manche Kollegen wechselten die Straßenseite oder drehten um, nur um nicht mit mir sprechen zu müssen.”

Schnell waren Sanders-Crook und Bob Brown als Rädelsführer ausgemacht und wegen „Mobbings und groben Fehlverhaltens” entlassen.

Rädelsführer sehen sich als Opfer

Doch ganz so einfach liegt der Fall nicht: Moira mag gemobbt worden sein, weil sie Frau ist, doch die Herren klagen nun ihrerseits gegen die Entlassung: „Ich bin nur gefeuert worden, weil ich ein Mann bin”, lamentiert Sanders-Crook. Nach 30 Jahren im Dienst der Königin sieht er sich als Opfer der „Political Correctness”-Kultur.

Der Oberstabsfeldwebel, der wie Moira 22 Dienstjahre als Berufssoldat hinter sich hat, wartet mit einer ganz anderen „Wahrheit” auf: Natürlich habe es Spott im Vorfeld gegeben, etwa darüber, ob die neue Kollegin Stöckelschuhe zur Uniform tragen würde.

Gemobbt habe er Moira jedoch nie. Er habe nur keinen privaten Umgang mit ihr gepflegt, weil er sich „prinzipiell nicht” mit Junggesellinnen treffe. „Mir war egal, dass sie Frau ist, aber ihr Single-Status war beunruhigend – auch für unsere Gattinnen”, erklärt Sanders-Crook. „Ich habe viele Soldaten-Ehen zerbrechen sehen, nicht etwa wegen Seitensprüngen, sondern wegen bloßer Gerüchte über Seitensprünge.” Die 35-köpfige Beefeater-Truppe sei eben eine „engmaschige Gemeinschaft”: „Wenn man da eine Single-Frau reinsetzt, ist der Stress doch programmiert.”