Düsseldorf. Blaupausen waren gestern - wer modern unterrichtet, macht das heute mit Podcasts oder Blogs. Doch mit neuen Methoden, gibt's auch neue Probleme: Cyber-Mobbing zum Beispiel. Auf der Tagung „Heranwachsen mit dem Social Web“ lernen rund 200 Lehrer Strategien, mit dem Web 2.0 umzugehen.

Damit hatte Sven nicht gerechnet. Dass seine Mitschüler ihn auf der Klassenfahrt im Schlaf geschminkt und dann fotografiert hatten, war schon schlimm genug. Doch nun prangt das peinliche Foto auch noch im SchülerVZ – für alle sichtbar. 20 Kommentare haben Mitschüler darunter abgelassen – und die sind nicht gerade nett. Cyber-Mobbing nennen das Pädagogen.

Wie Lehrer und Erzieher dagegen vorgehen können und die Sozialen Netzwerke sinnvoll in den Unterricht einbinden, zeigt die Landesanstalt für Medien (LfM) auf ihrer Tagung „Heranwachsen mit dem Social Web“. Die LfM hat dazu in die Räume der VHS Düsseldorf geladen – rund 200 Pädagogen sind gekommen.

Zwei Millionen Schüler erleiden Cybermobbing

So wie unserem Beispiel-Opfer Sven ergeht es zwei Millionen Schülern in Deutschland. 40,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Klasse 1 bis 13 haben angegeben, schon mal Opfer von Cybermobbing geworden zu sein. Das ergab eine Umfrage der Uni Koblenz-Landau, die knapp 2000 Schüler online befragte.

Auch der jüngste Fall aus Großbritannien zeigt, wie wehrlos die Opfer solcher Internet-Attacken sind. Nach wochenlangen Beschimpfungen über Facebook nahm sich die 15-jährige Britin Holly Grogan das Leben.

Fälle in der Praxis

Elisabeth Lüders arbeitet als Lehrerin für Datenverarbeitung an einem Berufskolleg in Hamm. Ihr Kollege Sebastian Rauh unterrichtet Mathe und Physik an einer Kamener Gesamtschule. Auch sie kennen Fälle von Cyber-Mobbing aus der Praxis.

„In einem Portal habe ich unschöne Bilder von einigen Schülern entdeckt, die böse kommentiert wurden“, berichtet Rauh. Wie spricht man die Schüler darauf an? Wie reagiert man als Lehrer auf solche Vorfälle? Die Antworten darauf soll ihnen der Workshop geben.

Genau hinschauen

„Wichtig ist, genau hinzuschauen und die Betroffenen anzusprechen“, weiß Workshop-Leiter Marco Fileccia. „Der Unterschied zum herkömmlichen Mobbing liegt darin, dass Opfer nirgendwo Ruhe finden. Es sei denn, sie schalten das Handy oder den PC aus.“ In seinem Vortrag macht er deutlich, dass man sich gegen „Cyber-Bullys“, also Kinder, die im Netz aktiv mobben, wehren kann.

Auf SchülerVZ oder anderen Seiten sollten Mobber ignoriert oder gleich beim Anbieter gemeldet werden. "Ihre Accounts werden dann sofort gelöscht." Youtube stelle diskriminierende Videoclips sofort aus dem Netz.

Mobber sperren lassen

„Doch die besten Vorgehensweisen wurden leider nur im Ansatz erklärt“, resümieren die beiden. Kinder auf Auffälligkeiten beobachten, ansprechen, Mobber online sperren, weitere Expertenhilfe holen – so lauten die Grundregeln. "Doch es zu merken, dass etwas mit einem Schüler nicht stimmt, ist sehr schwierig, weil man von außen nicht überblicken kann, wie die Kinder im Netz agieren", beklagen die Lehrer.

Hilfreicher für den Alltag findet Elisabeth Lüders da den Vortrag von Susanne Schäfers, die zum Thema „Wikis, Blogs und Podcasts“ referiert. Sie stellt Webseiten vor, die speziell auf Klassen zugeschnitten sind. „Hier können Kinder auf Klassenfahrt an ihre Eltern bloggen, Bilder hochladen, aktuelle Hausaufgaben oder Vertretungspläne anschauen.“ In jeder Klasse ernenne sie zwei Administratoren, die die Seite betreuen und am Ende ein Lob auf dem Zeugnis bekommen.

Schäfers stellt weitere praktische Beispiele vor: "Im Deutschunterricht können beispielsweise beim Thema 'Balladen' Podcasts herunter geladen und direkt angehört werden." Lehrer haben außerdem die Möglichkeit, sich auf dem Schul-Netzwerk "lo-let2.de" über Materialen und Methoden austauschen.

Anregungen für den Unterricht

Elisabeth Lüders will einige Anregungen mit in die Schule nehmen: „Ich werde das von meinen Schülern aufarbeiten lassen, was Wikis oder Blogs bedeuten.“ Sebastian Rauh fällt es da schon schwerer, das Social Web in den Mathe- oder Physik-Unterricht einzubauen. "Meistens fehlt einfach die Zeit oder man bekommt keinen Computerraum."

Vielleicht machen sie es einfach ihrer Kollegin Ute Matthies nach. Die Düseldorfer Informatiklehrerin nutzt das Netz regelmäßig als virtuelles Klassenzimmer. Nicht nur für Anwendungen, sondern auch zum eigenen Nutzen. "Ich gehe mit meinen Schülern auf Spickmich.de und lasse mich dort von ihnen beurteilen."

Lehrer und Betroffene finden nähere Informationen und Hilfestellungen zum Thema Cyber-Mobbing auf www.klicksafe.de, einem Projekt der Europäischen Union, in Zusammenarbeit mit der LfM.