Knapp zwei Wochen nach den bundesweiten Bildungsdemonstrationen nehmen Jacqueline Sarbinowski (16), Julia Saes, Suzana Trivic und Lisa Richter (alle 17), Schülerinnen der elften Jahrgangsstufe des Max-Planck-Gymnasiums, im Gespräch mit Mitarbeiter Jörn Esser Stellung zu Problemen und Lösungsansätzen
Sie haben gemeinsam an der Bildungsdemonstration in Hamborn teilgenommen. Wie haben Sie die Ereignisse empfunden?
Julia Saes: Wir sind noch ein Stück mitgelaufen, als wir dann aber gesehen haben, wie die randaliert haben und auch Bierflaschen und dergleichen dabei hatten, war das gar nicht mehr in unserem Sinne. Wir haben dann abgebrochen und sind zur Schule gefahren.
Auf den bei der Demonstration verteilten Flyern wurde unter anderem ein extremer Leistungsdruck angeprangert. Gehen Sie morgens schon mit Bauchschmerzen zur Schule?
Julia Saes: Ich finde, eigentlich geht es noch. Wenn ich aber das Ganze in zwölf Jahren machen müsste, würde alles wesentlich schwieriger.
Jacqueline Sarbinowski: Ich sehe das auch an jüngeren Familienmitgliedern, die jetzt in der fünften Klasse sind. Die kommen jetzt schon nicht mehr mit und haben teilweise bis 16 Uhr Unterricht und müssen danach noch Hausaufgaben machen. So wird ihnen total die Kindheit geklaut.
Ein großer Streitpunkt sind immer wieder die Kopfnoten.
Julia Saes: Es sind viel zu viele Schüler und viel zu wenig Lehrer da. Teilweise hat man nur zwei Stunden in der Woche bei dem Lehrer Unterricht. Wie soll er da beurteilen, wie man sich gibt und wie man sich verhält? Bei mir in Philosophie war es so, dass unser Lehrer gesagt hat, dass er das unheimlich albern findet. Er hat dann die Listen rumgehen lassen und jeder sollte sich seine Note selbst eintragen.
Wie entscheidend ist die individuelle Motivation des Lehrers für die Qualität des Unterrichts?
Suzana Trivic: Wir haben jetzt in Biologie eine Referendarin, die sich noch recht viel Mühe gibt. Das macht Spaß und niemand steht wirklich schlecht. Bei anderen Lehrern, die den Unterricht schon zehn bis 20 mal gemacht haben, ist es einfach wie eine Vorlesung; entweder wir verstehen es oder eben nicht.
Immer wieder kommen auch Forderungen nach einer Einheitsschule auf. Halten Sie diese Schulform für sinnvoll?
Suzana Sarbinowski: Die Lehrer können nicht begabte und unbegabte Schüler gleichzeitig unterrichten und alle fördern, das geht nicht. Kein Lehrer würde das schaffen!
Julia Saes: Schüler müssen auch Interesse zeigen. Man kann nicht immer sagen, dass es an den Lehrern liegt.
Müssen Lehrer zu oft korrigieren, was bereits im Elternhaus falsch gelaufen ist?
Lisa Richter: Wenn einem das nicht bewusst ist, wie wichtig die Bildung ist, dann kommt man gar nicht damit klar, wenn einem das nicht vom Elternhaus mitgegeben ist.
Suzana Trivic: Ich finde es auch schlecht, dass sich schon nach der vierten Klasse entscheidet, auf welche Schule man kommt. Das sollte erst viel später entschieden werden, damit die Kinder auch selbst verstehen, was davon alles abhängt.
Julia Saes: Das sehe ich ein bisschen anders. Wenn das erst in der achten Klasse passieren soll, ist auch nicht klar, dass die Kinder verstanden haben, worauf es ankommt.
Würden kleinere Klassen zur Lösung des Problems beitragen?
Lisa Richter: Vor allem in der neunten, zehnten Klasse, wenn man in der Pubertät ist, ist es schwierig, mit 30 Leuten in einem Raum zu sitzen und den Stoff vernünftig mitzubekommen, der ja auch Voraussetzung für die Oberstufe ist. Kleinere Klassen wären für alle Schüler auf jeden Fall angenehmer.
Haben Sie konkrete Ideen, die die Bildungssituation verbessern würde?
Suzana Trivic: Mehr Lehrer einstellen, dass wir dadurch kleinere Klassen bekommen.
Jacqueline Sarbinwoski: Ich würde mir mehr Entscheidungsfreiheit für uns Schüler wünschen, zum Beispiel auch bei der Wahl der Kurse. In einem Fach, das einem Spaß macht, bekommt man auch bessere Noten.
Könnte darunter nicht die Allgemeinbildung der Schüler leiden?
Julia Saes: Für die Allgemeinbildung wird grundsätzlich an Schulen so gut wie gar nichts getan. Es wird oftmals auf Themen eingegangen, wo ich mich frage, was ich damit anfangen soll.
Suzana Trivic: Über Ludwig XIV. könnten wir jetzt irgendwelche Daten sagen, gleichzeitig wissen viele nicht, warum der erste Weltkrieg überhaupt stattfand. Da bleibt die Allgemeinbildung auf der Strecke.