Essen. . Bevor in einigen Tagen für die Erstklässler in NRW die Schule beginnt, müssen Eltern eine lange Einkaufsliste abarbeiten. Der Schulstart ist teuer.

Für die rund 62.000 Erstklässler in NRW ist es bald so weit: Die I-Dötzchen haben ihren ersten Schultag. Doch bevor es losgehen kann, müssen Ranzen, Bücher und Turnbeutel her - die Einkaufsliste für den ersten Schultag ist lang. Für Familien mit geringem Einkommen wird der Schulstart so zu einer enormen finanziellen Belastung.

Zur Liste mit all den Dingen, die Schulanfänger brauchen gehören neben Schulranzen und Sportzeug auch Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialien dazu. Laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung aus dem Jahr 2013 geben Eltern durchschnittlich 238 Euro für Schreibwaren und weitere Produkte für jedes neu eingeschulte Kind aus. Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, schätzt die Ausgaben sogar auf bis zu 350 Euro.

Eltern und Kinder haben verschiedene Anforderungen an Schulranzen

Der Schulranzen ist wohl das wichtigste Utensil bei der Erstausstattung - und zugleich auch das teuerste. Bis zu 150 Euro werden dafür fällig: "Natürlich muss man nicht das teuerste Modell nehmen, man kann hier etwas einsparen. Aber bitte nicht zu Lasten der Gesundheit des Kindes", sagt Beckmann. Eltern sollten beim Kauf von Schulranzen auf Sicherheit, Ergonomie und robustes Material achten - auch wenn für Kinder eher das Design entscheidend ist. „Inzwischen können die Hersteller von Schulranzen reflektierende und fluoreszierende Flächen in tolle Motive integrieren, die sehr gut bei Kindern ankommen“, sagt Achim Sadenwater, Experte beim TÜV Rheinland.

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Federmäppchen oder Etui sollten keine "Kramtäschchen" sein, sondern mit zwei Bleistiften, einem Spitzer, Radiergummi, Lineal und Buntstiften gefüllt sein - einen Füller benötigen die Schüler meist erst im zweiten Schuljahr. Der Preis variiert stark. Namenlose, unbefüllte Exemplare gibt es bereits ab drei Euro. Für ein mit Stiften, Radiergummi und Lineal ausgestattetes Markenmodell hingegen, können Eltern bis zu 30 Euro ausgeben. Hinzu kommen weitere Kleinigkeiten wie Trinkflasche, Butterbrotdose sowie Hefte, Schnellhefter, Malkasten, Klebestift und Schere.

100 Euro pro Jahr für den Schulbedarf

Aber was machen Eltern, die sich den teuren Schulstart der Kinder nicht leisten können? Für diejenigen, die Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Sozialhilfe, Wohngeld oder einen Kinderzuschlag bekommen, gibt es das so genannte Schulbedarfspaket. Es soll sicherstellen, dass Schülerinnen und Schüler mit einer angemessenen Ausstattung in die Schule kommen. Wer Arbeitslosengeld II bezieht, bekommt die finanzielle Unterstützung automatisch. Alle anderen müssen einen Antrag bei der zuständigen Behörde für Bildung und Teilhabe - zum Beispiel Jobcenter oder Stadtverwaltung - stellen.

Anträge können noch bis Ende August gestellt werden, dann läuft die Frist ab. Wird der Antrag bewilligt, bekommen Eltern 100 Euro im Jahr für den Schulbedarf: 70 Euro erhalten sie zum 1. August und 30 Euro zum 1. Februar. So sollen sie zu Beginn eines Schuljahres und auch des zweiten Halbjahres die Kosten für Schulmaterialien besser abdecken können.

Schulmaterialkammern unterstützen Schüler aus bedürftigen Familien

Auch Einrichtungen wie Diakonie und Caritas bieten Eltern mit geringem Einkommen Unterstützung an. So hat die Caritas Schulmaterialkammern eingerichtet: sechs in Duisburg, zwei in Bochum. Hier werden Schulmaterialien aus Spenden gegen ein geringes Entgelt ausgegeben. "Bei der offiziellen Ausgabe haben wir in der Bochumer Innenstadt 150 Startersets für Erstklässler und im Caritas-Zentrum Wattenscheid weitere 20 Sets an einkommensschwache Familien verteilt", sagt die Bochumer Caritas-Sprecherin Annette Borgstedt. Auch im Anschluss seien noch etliche Familien in die Geschäftsstelle gekommen, um nach Schulmaterialien zu fragen. So seien bis heute weitere 100 Sets für Schulanfänger und Flüchtlingskinder, die eine Grundschule besuchen, ausgegeben worden.

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Neben den Schulmaterialkammern gibt es das ergänzende Projekt „Steck die Bildung in die Tasche", das dazu aufruft, gut erhaltene Schultaschen zu spenden. Ein großer Teil der neuen Schüler komme aus Rumänien und Bulgarien: "„Wenn man sieht, wie sehr sie sich hineinknien, wie sehr sie lernen wollen, dann tut es weh, sie mit stigmatisierenden Plastiktüten zu sehen, während vom Schicksal begünstigtere Mitschüler mit Markentaschen unterwegs sind. Hier wünschen wir uns mehr Chancengleichheit", sagt Klaus-Peter Bongardt vom Caritasverband Duisburg.

Rund 70 Euro für die Schultüte

Neben der Grundausstattung gibt es aber noch etwas, das bei vielen am ersten Schultag nicht fehlen darf: die Schultüte. Egal ob selbst gebastelt oder schon fertig befüllt gekauft: Im Schnitt geben Eltern dafür 70 Euro aus, wie eine Umfrage des Onlineportals deals.com ergab - rund zehn Euro mehr als noch im Vorjahr. Am häufigsten stecken Süßigkeiten in der Schultüte. Viele Eltern überraschen ihre Kinder aber auch mit Ausrüstung für den Schulalltag und Spielzeug. In jeder zehnten Schultüte soll laut Umfrage sogar ein Handy stecken.

Ein möglicher Grund für die höheren Ausgaben könnte ein inoffizieller Wettstreit der Eltern sein: Denn fast jedes fünfte Elternteil zieht anhand der Schultüte Rückschlüsse auf das Elternhaus des jeweiligen Kindes. Jedem vierten Erziehungsberechtigten wäre es sogar unangenehm, wenn sein Kind die kleinste Schultüte in der Klasse hätte.