Barcelona/Rom. Manche europäische Städte werden im Sommer von Touristen quasi überrannt. Die Freude über das Geld der Besucher ist nicht überall gleich groß.
Sauftouristen am Strand von Barcelona, lärmende Massen in den Gassen von Lissabon: Der Tourismus hat in vielen beliebten europäischen Städten Gegner auf den Plan gerufen. Andernorts sorgt man sich um das Image der Stadt. Einige Beispiele:
Barcelonas Bürgermeisterin will Tourismus einschränken
Viele Einwohner der katalanischen Metropole Barcelona haben schon seit Jahren den Eindruck, dass der Urlauberandrang in der Altstadt und anderen Vierteln zu groß ist. Vorigen Sommer entlud sich der Ärger in einer Serie von Kundgebungen im früheren Fischer- und Arbeiterviertel Barceloneta. Die Proteste richteten sich gegen die Auswüchse des Sauftourismus und gegen die illegale Vermietung von Ferienwohnungen. Der Tourismus macht zwölf Prozent der Wirtschaftskraft von Barcelona aus. Dennoch zählt die Mehrheit der Bewohner den Zustrom der Besucher nach einer Umfrage zu den großen Problemen der Stadt.
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Die neue Bürgermeisterin Ada Colau will den Tourismus einschränken. "In den Stadtteilen mit dem größten Besucherandrang ist die Lage außer Kontrolle geraten", sagte die linke, parteilose Politikerin der Zeitung "El País". "Man sollte ein Moratorium für den Bau neuer Hotels und die Zulassung von Ferienwohnungen verhängen. Wir brauchen einen Tourismus-Plan, der die Belange der Anwohner berücksichtigt."
Lissabons Zentrum zu klein für Besuchermassen
Portugals Hauptstadt ist bei Städtereisenden in Mode gekommen. Sie wurde als Reiseziel international mehrfach ausgezeichnet und verzeichnet bei den Touristenzahlen eine der höchsten Zuwachsraten in Europa. Hostels sprießen wie Pilze aus dem Boden, die Zahl der Ferienwohnungen in der Altstadt nimmt rasant zu. Nun werden erstmals Stimmen von Bewohnern laut, denen die Entwicklung zu weit geht. "Lissabon ist in Mode, aber für die Hauptstädter ist das sehr negativ", beklagte Luís Paisana, Präsident eines Anwohnerverbandes im Altstadtviertel Bairro Alto. "Das historische Zentrum ist zu klein, um die Massen von Besuchern aufzunehmen."
Die Mieten steigen, nachts lärmen Partytouristen in den Gassen der Altstadt. Der Chef der Tourismusbehörde, João Cotrim de Figueiredo, hält die Klagen für übertrieben. "Ich glaube nicht, dass wir zu viele Besucher haben." Es gebe sogar noch eine Marge für eine weitere Steigerung.
Streit um Kreuzfahrtriesen in Venedigs Lagune
In Venedig hat der Protest gegen Touristen schon Tradition. Kein Wunder, die Stadt gleicht mehr und mehr einem italienischen Disneyland statt einer lebendigen Stadt. Viele Einwohner ziehen weg.
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Für Furore sorgte vor einigen Monaten das Gerücht, dass Venedig ein Verbot für lärmende Rollkoffer einführen wolle. Es blieb ein Gerücht. Doch verschiedene Initiativen versuchen, die Besuchermassen einzudämmen und werben für einen verantwortungsvolleren Tourismus. Streit gibt es auch seit Jahren darüber, ob und wie weit Kreuzfahrtriesen in die Lagune fahren dürfen. Das alles zählt zu den Herausforderungen für den neuen Bürgermeister von Venedig, der vor kurzem gewählt wurde.
Römer ergreifen im Sommer die Flucht aus der Stadt
Viele Römer leben vom Tourismus - und schimpfen gleichzeitig über die Massen, die sich zwischen Trevi-Brunnen, Spanischer Treppe und Vatikan drängeln. In manchen Gegenden im Zentrum gibt es viele Restaurants, die Touristen schlechtes Essen zu überhöhten Preisen anbieten. Ein Verband zum Schutz der Kulturgüter in Rom hat eine Liste mit Forderungen aufgestellt, wie den Auswüchsen des Tourismus Einhalt geboten werden kann.
Dazu gehört, dass Touristenbusse außerhalb des historischen Zentrums parken sollen oder Anbieter von privaten Ferienwohnungen stärker kontrolliert werden. Jedoch sorgen sich auf der anderen Seite die Bewohner auch um das Image, das ihre Stadt bei Touristen hinterlassen könnte: vermüllt, verstaut, überteuert. Im Sommer schleppen sich zudem fast nur noch schwitzende Touristen durch Rom auf der Suche nach einem offenen Geschäft. Die Römer haben da schon längst die Flucht aus der heißen Stadt ergriffen. (dpa)