Düsseldorf/Bochum. . Der Deutsche Imkerbund freut sich derzeit über viele neue Mitglieder. Die neuen Bienenzüchter kommen aber nicht mehr vom Land - sondern aus der Stadt.

Von tausenden Starts und Landungen täglich bekommt am Düsseldorfer Flughafen niemand etwas mit. Es handelt sich um Frachttransporte. Zudem sind die Destinationen weder für Urlauber noch für Geschäftsreisende besonders interessant – sie heißen Apfelbaum, Rapsfeld oder Klee. Hier landet die Maja Air, um Nektar zu sammeln und Pflanzen zu bestäuben. Bis zu 200.000 Bienen sind im Auftrag des Airports unterwegs. Ihr Zuhause liegt nur ein paar Flügelschläge von den Start- und Landebahnen entfernt.

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Die vier Völker sind Stadtbienen. Sie leben neben den großen Fliegern und scheinen damit prima klarzukommen. So wie andere Bienen zwischen Häuserschluchten, Autobahnkreuzen und Asphalt. Diese Tiere benötigen kein Landleben zu ihrem Glück: „Honigbienen sind flexibel. Nirgendwo in Deutschland leiden sie unter Blütenmangel“, sagt Dr. Pia Aumeier, Imkerin und Biologin an der Bochumer Ruhr-Universität. Walter Klumpp kann das bestätigen. Der Vorsitzende des Bienenzuchtvereins Düsseldorf-Kaiserswerth hegt und pflegt die Flughafenbienen. „Sie finden in den umliegenden Gärten, auf Wiesen und direkt am Rollfeld bis zu 25 verschiedene Pollensorten.“ Drei Kilometer weit reicht der Flugradius von Maja Air. Für die Biene ein Fernflug.

Eine natürliche Messstation

Der Düsseldorfer Airport hat vor neun Jahren seinen tierischen Anliegern den Weg bereitet, um neben den physikalischen Systemen auch eine natürliche Möglichkeit zu haben, Luftqualität, Schadstoffgehalt und Blütenvielfalt zu messen. „Zweimal jährlich ernten wir Honig. Etwa 120 Kilo kommen im Jahr zusammen“, sagt Peter Nengelken, Bienenbeauftragter des Flughafens. Man muss wissen, dass diese Tiere so etwas wie lebende Katalysatoren sind. Biologin Aumeier erklärt es so: „Bienen besitzen die Fähigkeit, mögliche Schadstoffe herauszufiltern, so dass diese nicht in den Honig gelangen.“ Aber im Pollen wären sie nachweisbar.

„Die fleißigen Bienen von Tor 18“ nennt Imker Klumpp die Tierchen in Anspielung auf ihre Nähe zum umzäunten Airportgelände. Irritiert durch Fluggeräusche sind sie anscheinend nicht. „Sie können nicht hören, aber sie stellen Erschütterungen fest. Einen ratternden Rasenmäher neben sich finden sie unangenehmer als ein startendes Flugzeug ein paar Meter weiter.“

Überhaupt scheinen die schwarz-gelben Insekten genügsame Zeitgenossen zu sein. Unter anderem das ist es wohl, was sie auch für Städter zunehmend attraktiv macht. Nach einer längeren Talfahrt stellt der Deutsche Imkerbund seit 2008 ein steigendes Interesse fest. Allein im vergangenen Jahr verzeichnete er einen Zuwachs von knapp sechs Prozent. Fast 100.000 Mitglieder sind gemeldet. Experten gehen davon aus, dass es noch weit mehr Imker gibt, denn längst nicht jeder schließe sich einem Verein an.

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„Wir haben eine große Bienendichte“, sagt Biologin Pia Aumeier. Dafür sorgen auch Menschen wie Günter Schulz. Schulz ist ein Imker, wie er städtischer kaum sein könnte. Rund 20 summende Völkchen hegt und pflegt er in Gelsenkirchen und Bochum. Unter anderem auf dem Dach des 15 Stockwerke hohen Maritimhotels und in einem Garten unweit der Autobahn 40. „Die Pollenmischung ist einmalig. Stadthonig schmeckt mir besser als der Sortenhonig vom Land.“

Es hat was mit Liebe zur Natur zu tun

Pia Aumeier bringt die neue Liebe zur Biene in Zusammenhang mit einer grundsätzlichen Landlust: „Menschen, die Bienen halten, haben ein Auge für die Natur. Viele hätten nie gedacht, dass die Imkerei kompatibel mit dem Stadtleben ist.“ Seit Jahren organisiert sie (Anfänger-) Kurse, bei 45 Jahren liegt hier der Altersdurchschnitt. Und selbst wenn für die ersten Schritte zum eigenen Bienenstock keine Professur notwendig ist, so empfiehlt Aumeier jedem die Teilnahme an einem Kompaktseminar (Infos: imkerverbandrheinland.de oder imkerverband-westfalen-lippe.de).

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A 40-Imker Günter Schulz (www.ruhrpott-honig.de) weiß längst, wie er fliegende Königinnen samt Hofstaat bei Laune halten kann. Seine Empfehlung für alle Neuimker lautet: „Wer in dicht bewohnten Gebieten Bienen auf dem Balkon oder im Garten halten möchte, sollte das unbedingt mit seinen Nachbarn abklären.“ Vielleicht hilft dabei dieses Argument, das Pia Aumeier liefert: „Fünf Meter von einem Bienenstand entfernt, fällt es nicht mehr auf, dass dort 30 000 Bienen leben.“ Und spätestens ein Gläschen Honig dürfte jeden Nachbarn zuckersüß stimmen.