Essen. Fitnessarmbänder sollen helfen, das eigene Training besser überwachen und auswerten zu können. Doch wie gut funktioniert das? Ein Selbstversuch.

Die Endorphine gibt’s gratis. Schon bevor man mit dem Sport beginnt. Das ist die Vorfreude auf einen gestählten Körper – denn das Fitnessarmband, auch Wearable oder Fitness-Tracker genannt, wird künftig dabei helfen, mehr und effektiver zu trainieren. Hoffentlich.

Im Test: Samsung Gear Fit, LG Lifeband Touch, Runtastic Orbit.

Samsung Gear Fit

Optisch überzeugt das Gerät sofort und könnte auch als moderne Armbanduhr viele Freunde finden. Das Display ist gebogen, man kann zwischen quer- und hochformatiger Anzeige hin und her wechseln und alles per Touchscreen bedienen. Ein auffälliger Hingucker. Und sonst?

Die Sache mit den Daten

Zwischen mir und dem sportlichen Start in den Tag steht zunächst diese Sache mit den Daten. Denn die Fitnessarmbänder messen ja so einiges – was dann in die zugehörigen Apps eingespeist wird, um miteinander verrechnet und verglichen zu werden. Und weil die Laufschuhe schon an den Füßen sitzen, hake ich eben ab, was an Datenschutzerklärungen abzuhaken ist. Das dauert eine Weile.

Auch interessant

Als ich endlich loslaufe, zählt die Uhr meine Schritte, misst den Puls und die zurückgelegten Meter. Und: Sie informiert mich zuverlässig über eingehende Nachrichten und Anrufe. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Funktion praktisch oder überflüssig finden soll – denn das Handy trage ich schließlich bei mir, und überhaupt: Ich will ja Sport treiben und keine Nachrichten lesen.

Sogar über meinen Schlaf wacht Samsung, um mich morgens mit Prozent-Angaben zu meiner „Unbeweglichkeit“ im Nachtverlauf zu beglücken. Ich kann mir vage vorstellen, was mir solche Werte sagen könnten, mehr aber auch nicht. Offensichtlich habe ich mich mal bewegt, mal nicht. Aha.

Virtuelles Kalorientagebuch mit großer Auswahl

Viel ausgereifter erscheint mir die Möglichkeit, mit der App alle verzehrten Speisen zu dokumentieren, um so meinen Kalorienhaushalt im Blick zu behalten. Bisher habe ich mich um den kaum gekümmert, aber ich fürchte, ich täte es, wenn ich dauerhaft im Besitz von Uhr und App wäre. Allerdings scheitere ich an diesem Morgen schon an der Eingabe eines Latte Macchiato, denn die irrsinnige Anzahl an Auswahlmöglichkeiten (von fettarmer Milch, über Sojamilch, zu lactosefreier Milch, selbstverständlich von jedem denkbaren Hersteller) überfordert mich. „Mal eben“ kann ich also kein virtuelles Kalorientagebuch führen, mit etwas Routine sollte es aber möglich sein.

Fazit: sieht chic aus, kann fast alles, funktioniert aber nur mit Samsung-Smartphones; Preis: etwa 105 €

LG Lifeband Touch

Das LG-Gerät hebt sich optisch angenehm von der Masse der Fitnessarmbänder ab: Als flexibler Armreif kommt es ohne Verschluss aus – das ist praktisch weil es schneller anzuziehen ist, allerdings kann man es so auch leichter verlieren, wenn es nicht richtig passt. Mir ist das Armband in Größe M jedenfalls zu weit.

Kompatibel zu iOS und Android

Punkte gibt’s aber in Sachen Kompatibilität: Das Lifeband arbeitet mit iOS und Android und zeigt, wie das Samsung-Gerät, eingehende Anrufe oder Mitteilungen an. Allerdings tue ich mich mit der Bedienung (eine Kombination aus Touchscreen und Taste) etwas schwer, und finde erst nach und nach heraus, welche Vielfalt an Optionen der Armreif mitbringt.

Auch interessant

Im Gegensatz zu den anderen Testgeräten unterscheidet das Lifeband dank eines integrierten Höhenmessers zwischen normaler Fortbewegung und Aktivitäten wie Bergsteigen und berücksichtigt das bei der Berechnung der verbrannten Kalorien. Das alles könnte beeindruckend sein, leider reagiert das Touch-Display an meinem Gerät nicht immer auf Anhieb.

Der Puls wird hier nicht automatisch gemessen, dazu wäre separates Zubehör notwendig. Auch ein Schlaftracker fehlt.

Fazit: sieht nett aus, ist ganz ordentlich ausgestattet aber unbequem; Preis: etwa 79 €

Runtastic Orbit

Zugegeben, Runtastics Fitnessarmband erinnert irgendwie an das schnöde Pulsmessgerät: Das Display ist klein und simpel, die Bedienung erfolgt über einen Plastikknopf. Damit wechselt man zwischen Uhrzeit, „aktiven Minuten“, Schrittzahl und verbrannten Kalorien hin und her oder aktiviert den Schlafmodus. Das macht die Bedienung sehr intuitiv und ermöglicht einen schnellen Trainingsstart, außerdem ist das Armband wasserdicht. Die „aktiven Minuten“ allerdings, eine Runtastic- Messeinheit, bringt im Test nur nutzlose Werte hervor – denn es wird erst gemessen, wenn das Orbit der Meinung ist, dass ich mich bewege. Und da ist es kritisch.

Immerhin ist es kompatibel zu Android und iOS und überraschend angenehm zu tragen – ein zusätzliches buntes Armband ist im Lieferumfang ebenso enthalten wie ein Clip, mit dem sich das Gerät (das vom Armband gelöst werden kann) an der Kleidung befestigen lässt.

Die Runtastic-App verlangt bei der Anmeldung nur wenige Daten, worunter die Genauigkeit der Auswertung leidet – schließlich gibt es zahlreiche Faktoren, die den persönlichen Kalorienverbrauch beeinflussen. In der Nacht passt das Orbit dafür umso genauer auf und liefert mir am nächsten Morgen eine gruselig detaillierte Aufschlüsselung meines Schlafverhaltens. Ob sein Bericht der Wahrheit entspricht? Ein paar der angezeigten Wachphasen stimmen. Ich hatte mehrere Gelegenheiten, das nachts zu überprüfen – so ein Armband am Handgelenk, von welchem Hersteller auch immer, stört nunmal beim Schlafen.

Fazit: lässt sich einfach bedienen und ist ordentlich ausgestattet, sieht aber langweilig aus; Preis: etwa 83 €

Experte warnt: Messwerte sind nicht alles 

Was taugen sie denn nun, die Überwacher am Handgelenk? Ingo Froböse, Professor für Prävention und Rehabilitation an der Sporthochschule Köln, sieht die Fitnessarmbänder in erster Linie als Motivationshilfe. Außerdem könnten sie Anfängern, „die noch kein gutes Körpergefühl haben“, Rückmeldungen zur Qualität des Trainings geben. Der Experte warnt jedoch vor einem „manischen Umgang mit den Werten“. Viel wichtiger sei das subjektive Empfinden: „Man muss hinhören, die Sprache des Körpers verstehen lernen.“

Pulsmessung: „Die Pulsmessung ist im Allgemeinen gut, hier macht die technische Entwicklung seit Jahren Fortschritte“, so Froböse. Das bezieht sich aber hauptsächlich auf die Pulsgurte – am Handgelenk blieben die Messungen recht ungenau, gleiches gelte für Ohrclips. Besser sei, sich an der eigenen Atemfrequenz zu orientieren. „Dazu atmet man auf vier Schritte einmal aus, und auf vier Schritte einmal ein – dann hat man den optimalen Puls für das aerobe Training“, erklärt Froböse, für Freizeitsportler also genau richtig. Wer „im Leistungsbereich“ trainieren wolle, könne die Frequenz steigern und jeweils drei Schritte lang ein- und ausatmen.

Auch interessant

Schrittzähler: Auch die Schrittzähler der Wearables sollten nur als grobe Orientierung dienen – sie seien zu einfach zu beeinflussen, etwa durch Bewegungen des Handgelenkes. „In einem Test haben wir Abweichungen von bis zu 40 Prozent gemessen.“ Für empfehlenswerter weil aussagekräftiger hält Froböse sogenannte Aktivitätstracker, die alle Bewegungen aufzeichnen. Noch besser sei die GPS-Streckenmessung, die zwar manchmal zu Aussetzern neige, alles in allem aber zuverlässig arbeite. „Dafür genügt dann eine einfache Smartphone-App.“

Schlafwerte: „Woher soll das Gerät wissen, wie ich geschlafen habe?“, fragt Froböse. Wer sich auf die Daten verlasse, achte zu wenig auf die eigenen Empfindungen. „Das ist ein Grundproblem: Wir machen die messbaren Daten zum Mittelpunkt unserer Welt und vernachlässigen alles, was nicht messbar ist.“
Kalorienangaben:
Der Kalorienverbrauch jedes Menschen ist von verschiedenen Faktoren, unter anderem von Körpergewicht, Geschlecht, Trainingszustand und Trainingstempo abhängig. Je mehr dieser Daten Fitnessarmbänder und Apps bei der Bewertung berücksichtigen, desto genauer können ihre Ergebnisse sein. Doch wer viel von sich preisgibt, muss auch genau hinschauen, wo die Daten landen, wie sie verwendet werden und wer darauf zugreifen könnte.