Marseille. An der Germanwings-Absturzstelle wurde die zweite Blackbox entdeckt. Justiz erklärt, der Co-Pilot habe sich vor dem Absturz über Suizid informiert.

Eine Polizistin hat am Absturzort der Germanwings-Maschine in den französischen Seealpen die zweite Blackbox gefunden. Das Gerät habe in einem Seitental links des Bergs gelegen, erklärte Staatsanwalt Brice Robin am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Marseille.

Die Schlucht sei zuvor schon mehrfach durchsucht worden, so Robin. Aber sie sei übersät mit Wrackteilen. Die Blackbox selbst sei von 20 Zentimetern Erde verschüttet gewesen. Zwar hatten die Helfer vor mehreren Tagen schon die Hülle der Blackbox gefunden – der eigentliche Flugschreiber samt Speicher aber fehlte.

Germanwings-AbsturzDer Flugschreiber habe offensichtlich gebrannt und sei von außen schwarz vor Ruß, so Robin. Dennoch: Er sei zuversichtlich, dass sich das Gerät auslesen lasse.

Die Analyse der Blackbox (etwa 500 Datensätze) verspreche eine Chronik des Fluges: Was tat der Copilot? War das Flugzeug auf Autopilot geschaltet? Wie hoch waren Flughöhe und Geschwindigkeit? Welche Lenkbewegungen wurden eingeleitet? Die Erkenntnisse aus den Auswertungen des Stimmenrekorders seien aber wichtiger gewesen als die Infos, die die zweite Blackbox gespeichert habe, meint der Staatsanwalt. Sie seien aber wichtige zusätzliche Hinweise.

Ermittler wollen 42 Handys von Passagieren auswerten

In einem nächsten Schritt wollen die Ermittler 42 gefundene Handys von Passagieren auswerten. Sie seien aber extrem beschädigt. Es sei mehr als fraglich, ob sich von den Geräten noch Daten retten lassen, so Robin: "Ich habe meine Zweifel, dass man sie auswerten kann – aber vielleicht haben wir Glück."

Die endgültige Identifizierung der Opfer könne noch drei bis fünf Wochen dauern, so Robin. Trotz Tausender DNA-Spuren seien noch nicht alle Proben ausgewertet und abgeglichen. Vor der Überführung müsse eine Kommission unter Leitung von Interpol die Leichname erst freigeben.

Copilot suchte Suizid-Methoden im Internet

Der Co-Pilot hat sich vor dem Absturz der Germanwings-Maschine in Frankreich im Internet über Arten von Suizid und über Sicherheitsmechanismen von Cockpittüren informiert. Bis einen Tag vor dem Absturz habe er in Internetsuchmaschinen entsprechende Begriffe eingegeben, teilte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf am Donnerstag mit.

Hilfe bei Depressionen und Suizid-Gedanken

  • Falls Sie Suizid-Gedanken haben oder jemanden kennen, der Suizid-Gedanken hat, wenden Sie sich bitte an die Telefonseelsorge: 0800/1110111 oder 0800/1110222. Die Anrufe sind kostenlos, die Nummern sind rund um die Uhr zu erreichen.
  • Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe bietet im Internet einen Selbsttest, Wissen und Adressen zum Thema Depression an. Im Online-Forum können sich Betroffene und Angehörige austauschen. Für Jugendliche gibt es ein eigenes Forum.

Die Ermittler hätten in der Düsseldorfer Wohnung des 27-Jährigen ein Tablet gefunden und die Daten darauf ausgewertet. Durch den Browserverlauf könnten die entsprechenden Suchanfragen nachvollzogen werden. Alles deute darauf hin, dass der 27-jährige Copilot sein Tablet in den Tagen vor dem Absturz nutzte. "Der Browserverlauf war nicht gelöscht, insbesondere konnten die in der Zeit vom 16.3. bis zum 23.3.2015 mit diesem Gerät aufgerufenen Suchbegriffe nachvollzogen werden", teilte die Staatsanwaltschaft mit. Nur einen Tag nach diesem Zeitraum, am 24. März, stürzte die Maschine ab.

Airbus mit Absicht in die Felswand gesteuert?

Über konkrete einzelne Suchbegriffe oder -anfragen wollen die Ermittler keine Auskunft geben. Aber der Browserverlauf habe gezeigt, dass sich der Co-Pilot "zum Einen mit medizinischen Behandlungsmethoden befasst, zum Anderen über Arten und Umsetzungsmöglichkeiten einer Selbsttötung informiert" habe. Weiter heißt es: "An mindestens einem Tag hat sich der Betreffende darüber hinaus über mehrere Minuten mit Suchbegriffen über Cockpittüren und deren Sicherheitsvorkehrungen auseinandergesetzt."

Der Co-Pilot wird verdächtigt, seinen Kollegen aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine mit Absicht in die Katastrophe gesteuert zu haben. Nach Erkenntnissen der Ermittler war er vor Jahren suizidgefährdet. (dpa/we)