Würzburg/Frankfurt. Seit Jahrzehnten schwindelt sich ein Obdachloser als falscher Bischof oder Kardinal durch die Welt. Zum Teil so erfolgreich, dass er schon Messen gehalten und die Beichte abgenommen hat.
In Süddeutschland treibt seit Dezember ein falscher Kardinal sein Unwesen. Weiß gewandet und mit einem verzierten Holzkreuz um den Hals gibt sich der weißhaarige Obdachlose als brasilianischer Kardinal aus. Auf diesem Weg sucht der mittlerweile der Polizei bekannte Mann augenscheinlich immer wieder Kontakt zu Kirchengemeinden und Klöstern, um sich Geld, Aufmerksamkeit und ein Bett für die Nacht zu erschwindeln. Ab und an funktioniert das sogar: Erst Anfang Februar bot ihm ein Pfarrer im oberbayerischen Weilheim ein Bett zum Übernachten an, auch in Frankfurt/Main hat er schon seine Spuren hinterlassen.
In Würzburg hatte er Ende Januar nicht so viel Glück. Nachdem er dort eine Stunde lang als São Paulos Erzbischof Odilo Scherer ein Schwätzchen mit einem Ehrenamtlichen der ökumenischen Kircheninformation am Dom geführt hatte, überführte ihn die Brasilien-Expertin der Diözese.
Christiane Hetterich von der Diözesanstelle Mission, Entwicklung, Frieden des Bistums Würzburg hielt ihm ein Foto des echten Kardinals entgegen und sagte auf Portugiesisch, dass er ein Betrüger sei. "Er ist daraufhin sehr schnell laut geworden und hat auf Portugiesisch mit starkem deutschen Akzent geschimpft", erinnert sich die 55-Jährige. Ihr war klar, dass der Mann lügt. "Der echte Erzbischof würde im Leben nicht in Würzburg herumlaufen, ohne dass er vom Bischof eskortiert wird."
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Mann schlägt sich seit Jahrzehnten mit Lügengeschichten durch
Der Mann schlägt sich schon seit Jahrzehnten mit Lügengeschichten durch die Welt. Er hat der oberbayerischen Polizei zufolge keinen festen Wohnsitz, ist aber wohl in Süddeutschland aufgewachsen.
Wer ihn bislang getroffen hat, ist meist verwundert über sein detailliertes Kirchenwissen. Er kenne Namen, Zusammenhänge, regionale Besonderheiten. Er zitiere lateinische Sprüche und sei sehr interessiert. Für Unbedarfte und Laien ist der Betrüger deshalb oft nicht sofort als solcher erkennbar.
Auch in Brasilien gab er sich jahrelang als Geistlicher aus - unter anderem als den Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Der Erzbischof von São Paulo wurde skeptisch und fragte persönlich im Bistum Osnabrück nach, ob sich der Bischof möglicherweise gerade in Brasilien aufhalte. Nachdem ihm das verneint wurde, warnte er im November seine Priester und Ordensleute vor dem falschen Geistlichen. Kardinal Scherer schreibt in dem Brief außerdem, dass der Betrüger schon 2004 und 2007 von der Polizei in Salvador aufgegriffen worden sei. Zum Teil habe er sogar die Beichte abgenommen und Messen gehalten.
Schließlich wird der 66-Jährige ausgewiesen. Der Deutsche strandet Anfang Dezember am Frankfurter Flughafen. Dort trifft er auf den Pallottiner-Pater und Leiter der Katholischen Flughafenseelsorge, Heinz Goldkuhle. "Er trug eine Priesterstola, eine Bibel und Gepäck. Da machte mich zunächst nichts stutzig", erinnert sich der 64-Jährige. Doch der Schwindler konnte sich nicht als Priester ausweisen. "Es gibt keinen Clerus Vagabundus. Jeder Priester muss einem Bistum oder einer Glaubensgemeinschaft angehören."
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Hochstapler lebte sechs Wochen auf Gelände des Frankfurter Flughafens
Im Internet fand er schließlich Hinweise auf den Betrüger und konfrontierte ihn damit. "Daraufhin wurde er richtig frech und verbal echt aggressiv. Das war eine sehr anstrengende Zeit." Denn der Hochstapler blieb noch sechs Wochen auf dem Flughafengelände, beschimpfte den Priester, schrieb Hetzsprüche in die Fürbitten-Bücher und klaute Bibeln. "Ein Priester aus Hanau erzählte mir, dass der Mann schon vor 40 Jahren mit dieser Masche in Deutschland unterwegs gewesen sein soll", sagt Goldkuhle. Eigentlich gehöre der verwirrte Mann in eine Psychiatrie.
Die Polizei in Süddeutschland kennt den Mann mittlerweile gut. Ob Hessen, Unterfranken, Mittelfranken oder Oberbayern - immer wieder greift sie den Streuner auf, nimmt seine Personalien auf und lässt ihn wieder gehen. Gegen den Mann liegen zwar zahlreiche Anzeigen wegen des Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen, Schwarzfahrens und Diebstahls vor. "So ein einzelnes Delikt reicht nicht aus, um ihn in Haft zu nehmen", sagt Stefan Sonntag, Sprecher der Polizei Oberbayern-Süd. Aber irgendwann werde die Akte wahrscheinlich dick genug sein. "Und dann sagt ein Staatsanwalt "Jetzt ist Schluss mit lustig!" und klagt den Mann an." (dpa)