An Rhein und Ruhr. . Eine Studie des Arbeitskreises gegen Spielsucht zeigt: In jeder dritten Spielhalle gibt es Rechtsverstöße. WestLotto-Chef beklagt Konzessionstheater.

Sie nennen sich Sportcafés oder Wett-Lounges, sie sind schick und plüschig in Hinterzimmern eingerichtet oder abgeranzt hinter stählernen Kellertüren: illegale Spielhallen. Lange nicht wurde so gerne und so viel gezockt wie heute. Poker, Blackjack oder Live-Wetten rund um den Sport: Wann zückt der Schiedsrichter die erste Gelbe Karte? Verbotene Spiele, mit denen in Deutschland pro Jahr längst mehr als sieben Milliarden Euro Umsatz gemacht werden.

„Allein, wenn man durch die Dortmunder Nordstadt oder die Wanheimer Straße in Duisburg geht, stößt man auf so viele solcher Wettbüros, dass es für eine halbe Studie reichen würde!”, sagt Jürgen Trümper vom Arbeitskreis gegen Spielsucht in NRW. Trümper hat gerade genau das gemacht, er hat 880 Spielstätten in Nordrhein-Westfalen besucht, um sich ein Bild zu machen. Inkognito, natürlich. Als ein x-beliebiger Spieler, ein Zocker unter vielen.

Slotmaschinen, bestimmt für Casinos in Osteuropa

Am Freitag, im Rahmen der Jahres-Pressekonferenz von WestLotto in Münster, legte Trümper seinen Ergebnisbericht vor, der einen Blick hinter die Kulissen jener oft im Verborgenen agierenden Szene gewährt.

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Er entdeckte Spielbuden mit so genannten Slotmaschinen, mit denen Spieler innerhalb von zwei Sekunden 10.000 Euro gewinnen können. Illegal aufgestellt, Re-Importe, die eigentlich für Spielcasinos in Osteuropa gebaut worden waren. Er sah Klitschen, in denen die Betreiber neben den Wetten auch Gold, Elektrogeräte und Handys anboten.

Er stieß auf vermeintlich ganz normale Kioske, eben Büdchen an der Ecke, wo zwischen Zigaretten, Lakritzstangen und Eis aus der Truhe Geschäfte mit Wetten gemacht werden. „Da werden die Kinder der Betreiber inmitten von Glücksspiel groß!”, sagt Jürgen Trümper.

Ordnungsämter überfordert

Wie viele illegale Glücksspielstätten es in NRW insgesamt gibt, lässt sich kaum ermessen. Doch in jeder dritten Spielhalle werde gegen geltendes Recht verstoßen.

„Es ist wirklich ein Desaster”, klagt Theo Goßner, der Geschäftsführer von WestLotto, „in anderen europäischen Ländern ist die Konzessions-Vergabe gut umgesetzt worden. Nur bei uns nicht. Dem deutschen Markt wird so besonders stark Geld entzogen.”

Dabei sollten die Probleme rund um das illegale Glücksspiel und die Sportwetten vor über zwei Jahren mit dem von den Bundesländern beschlossenen Glücksspiel-Staatsvertrag gelöst werden.

Doch gegen die Vergabe von 20 Wettkonzessionen klagten bald all jene, die keine erhalten hatten. Verfahren, die bei vielen Gerichten noch anhängig sind. „Seitdem herrscht Stillstand. Und die Ordnungsämter sind personell überfordert oder trauen sich wegen dieser unsicheren Rechtslage nicht, gegen die illegalen Wettbuden vorzugehen”, so WestLotto-Geschäftsführer Goßner.

10.000 kommen regelmäßig

Knapp 10 000 Menschen besuchen in NRW permanent Orte des illegalen Glücksspiels. Und bis auf verschwindend geringe Ausnahmen sind sie männlich. 86 Prozent von ihnen wiesen augenscheinlich einen Migrationshintergrund auf, so Jürgen Trümper.

Um diese gezielt ansprechen zu können, lässt sich WestLotto künftig vom Zentrum für Türkeistudien in Essen beraten. „Denn als staatliche Lotteriegesellschaft haben wir ja auch den Auftrag, Menschen vom illegalen Spiel zum legalen zu lenken”, erklärt WestLotto-Chef Goßner.