Washington. Er gilt als das Gesicht des Tabakkonzerns: Darrell Hugh Winfield ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Über die Todesursache wird noch gerätselt.
In Rente war er offiziell schon seit 1999. Damals hob der Tabakriese Philip Morris unter dem Druck von milliardenschweren Klagen und einer gesundheitsbewussteren Öffentlichkeit nach über vier Jahrzehnten die vielleicht wirkungsmächtigste Werbe-Kampagne des vergangenen Jahrhunderts aus dem Sattel. Der „Marlboro Man“, von niemandem länger, authentischer und markanter verkörpert als von Darrell Hugh Winfield, stieg für immer vom Pferd. Jetzt ist der leibhaftige Protagonist im Alter von 85 Jahren auf seiner Ranch in Riverton im US-Bundesstaat Wyoming gestorben. Nur - woran?
Darrell Winfield wäre nie zu Weltruhm gekommen, hätte Leo Burnett den wettergegerbten Cowboy, Rodeoreiter und Naturburschen in den späten 60er Jahren nicht auf der Circle 5 Ranch in Pinedale/Wyoming entdeckt. Der findige Experte für Werbung aus Chicago suchte im Auftrag von Philip Morris, der seine Marlboros 1955 zunächst ausschließlich bei Frauen an den Mann bringen wollen, nach einem Gesicht, um die damals in Amerika nur unter ferner liefen rangierende Marke bekannter zu machen.
Der Ich-weiß-bescheid-Blick
Als er den 1929 in Oklahoma geborenen Winfield zum ersten Mal vor die PR-Brille bekam - blaue Augen, rotstichiger Schnäuzer, klarer, alles durchdringender Ich-weiß-bescheid-Blick - war der Stein der Weisen gefunden. Der Cowboy mit dem weißen Stetson auf dem Kopf, das Pferd, der Sattel, das Lasso, der Blick über die Prärie. Die Zigarette am Lagerfeuer, lässig im Mundwinkel, dazu eine Blechtasse mit dampfendem Kaffee. Die an ein junges, männliches Publikum gerichteten Botschaften, die fortan in Fernsehspots, Zeitungsanzeigen und - wie am Sunset Strip in Hollywood - auf 17 Meter hohen Plakatwänden Verbreitung fanden, schrieben sich fast von selbst: Rauchen ist Natur. Rauchen ist Freiheit und Abenteuer. Rauchen ist was für echte, unabhängige, wortkarge Kerle, die ein entbehrungsreiches Leben führen und sich nach ehrlicher Arbeit eine anstecken: Come to where the flavour is. Dass der Geschmack verdammt tödlich ist, ging damals im blauen Dunst verloren.
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Die Rechnung des Konzerns ging auf. Schon 1972 war Marlboro in den USA die Nr. 1 und auf dem Sprung zum Weltmarktführer. Darrell Winfield, ein echter Cowboy, der bei den Werbeaufnahmen meist eigene Klamotten trug, nur nach Arbeitsunfällen geschminkt wurde und bereitwillig Rinder und Kühe aus dem eigenen Bestand zur Verfügung stellte, lieh dem Tabak-Konzern fast zwei Jahrzehnte lang sein Gesicht.
Todesursache unbekannt
Über seine Entlohnung ist ebenso wenig bekannt wie über die Todesursache, die das Beerdigungsinstitut in Riverton gestern mit „langer, schwerer Krankheit“ umschrieb. Dabei wäre es wahrlich keine Überraschung, hätte auch im Fall Winfield die graue Realität des Lebens das schöne Trugbild der Werbung von innen aufgefressen.
David Millar (1987), Wayne McLaren (1992), David McLean (1995) und William Thourlby (2013), vier andere „Marlboro-Männer“, die für Philip Morris vor die Kamera traten, sind nach Recherchen der Los Angeles Times an Lungenkrebs gestorben. Darrell Winfield, ein ausgesprochener Familienmensch, der gerne Backgammon spielte und das Landleben schätzte, hinterlässt Ehefrau Jeannie, mit der er 66 Jahre verheiratet war, sechs Kinder, Enkel und Ur-Enkel.