München. Ein Mann, der Uli Hoeneß Probleme in der Haft angedroht hatte, ist am Dienstag in München zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Nicht die erste.
Thomas S. nimmt das Urteil weitgehend regungslos entgegen. Er kennt das schon. Als Serienstraftäter saß er immer wieder im Gefängnis - wegen Betrug oder Unterschlagung, Diebstahl, Raub oder Urkundenfälschung. Bislang fanden die Urteile gegen ihn weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, weil sich niemand für den Kleinkriminellen interessierte. Am Dienstag vor dem Landgericht München II ist das anders. Denn S. hat den vielleicht bekannsten Ex-Fußball-Funktionär Deutschlands erpresst: niemand geringeren als Uli Hoeneß. Vier Jahre und drei Monate muss der 51-Jährige dafür ins Gefängnis - schon wieder.
"Sie sind einschlägig vorbestraft, haben daraus nichts gelernt", sagt der Vorsitzende Richter Oliver Ottmann. "Uli Hoeneß ist bekannt wie ein bunter Hund." S. habe bewusst "dessen besondere Hilflosigkeit ausgenutzt", als er Hoeneß im Mai dieses Jahres - kurz vor dessen Haftantritt wegen Steuerhinterziehung - einen Drohbrief schrieb und 215.000 Euro von ihm forderte.
Hoeneß mit einem "unruhigen Haftverlauf" gedroht
Andernfalls könne sich der Ex-Präsident des FC Bayern München auf einen "unruhigen Haftverlauf" einstellen, hieß es in dem Brief, den S. als "Mister X" unterschrieb und der am 10. Mai bei Hoeneß zu Hause in Bad Wiessee einging. "Der mächtige Mann Hoeneß auf einmal machtlos", fasst Richter Ottmann den Eindruck der Polizisten zusammen, die Hoeneß nach dem Eingang des Erpresserbriefs befragten.
Weil er 28,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen hat, sitzt Hoeneß seit dem 2. Juni in Landsberg am Lech im Gefängnis. Zu drei Jahren und sechs Monaten Haft war er im März verurteilt worden.
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"Die beiden Verfahren haben keinerlei Verbindung", sagt Richter Ottmann zwar und betont, das sei, als wolle man Äpfel nicht mit Birnen, sondern mit Kühlschränken vergleichen. Allerdings war es wohl die Berichterstattung über den Prozess gegen Hoeneß, über das Urteil und die Vorbereitung auf den Haftantritt, die S. überhaupt erst auf die dumme Idee brachte, den gefallenen "Mr. FC Bayern" zu erpressen.
Erpresser war über milde Strafe für Hoeneß verärgert
Auf seinem Computer wurden Recherchen zu Hoeneß nachgewiesen, die Polizei fand in seiner Wohnung Zeitungen, in denen Berichte über den Ex-Präsidenten aufgeschlagen waren. Das Urteil gegen Hoeneß sei ihm im Vergleich zu einer Strafe, die er selbst einmal wegen Betruges habe absitzen müssen, "ungeheuer" erschienen, sagt der Angeklagte vor Gericht. Er selbst habe wegen einer Summe von 220.000 D-Mark eine Haftstrafe von mehr als sechs Jahren bekommen. Hoeneß dagegen hinterzog Steuern in Millionenhöhe - und bekam in etwa die Hälfte. "Ich habe mich über das Strafmaß geärgert", gibt S. zu.
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Neid sei im Leben von Thomas S., der schon früh auf die schiefe Bahn geriet, an Diabetes leidet und mehr als 300.000 Euro Schulden hat, immer ein großes Thema gewesen, hatte ein Gutachter am Montag gesagt, der dem Angeklagten ein "parasitäres Verhalten" bescheinigte. Er lebte zuletzt auf Kosten seiner Lebensgefährtin. Ein Lotto-Geschäft, das er auf ihren Namen eröffnete, brachte ihn nur noch tiefer in die Misere hinein - seine Freundin, die er nach ihrer Zeugenaussage vor Gericht verzweifelt und mit Tränen in den Augen umarmt, zog er mit in den finanziellen Abgrund.
Hier sitzt Uli Hoeneß seine Strafe ab
Als er den Entschluss fasste, Hoeneß den Erpresserbrief zu schreiben und ihm zu drohen, die Haft werde "kein Zuckerschlecken", wenn er nicht zahlt,habe er keinen anderen Weg aus seiner Lage gesehen. "Zusätzlich möchte ich angeben, dass mir die Tat sehr leid tut und dass ich mein Handeln in dieser Situation, in der ich nicht mehr ein noch aus wusste, zutiefst bereue", sagt der geständige Erpresser, der auch schon in einem Brief an die Familie Hoeneß um Verzeihung gebeten hat, kurz vor dem Urteil - und bittet um Milde. Die Erpressung sei eine "selbstzerstörende Idee" gewesen, sagt er.
Hoeneß hat inzwischen sechs Monate seiner Strafe abgesessen, hatte schon Ausgang und kann sich an Weihnachten auf ein Fest mit seiner Familie freuen, bevor er möglicherweise schon im Januar Freigänger wird. Thomas S. dagegen feiert wohl nicht nur dieses Weihnachten hinter Gittern. (dpa)