Osnabrück. . Ein Intercity als Rock-Bühne: Peter Maffay setzt in diesen Tagen auf Rock'n'Rail. Es ist eng, es wackelt – aber dem Musiker macht das mächtig Spaß.
Drei Lieder hat er gespielt, da bedarf es einer zumindest vage Ortsbestimmung. „Wo sind wir?“, fragt Peter Maffay. „Kurz vor Münster“, ruft einer zurück. „Gut“, sagt der Sänger, „dann können wir noch eins spielen.“ So ist das also, wenn auf einer Bühne musiziert wird, die mit teilweise 200 Kilometern in der Stunde durch Deutschland rast.
Kurt vor Mittag ist er losgefahren in Kiel, der Intercity 2229. So wie jeden Tag. Kein Sonderzug, ganz reguläre Fahrt. Nur dass direkt hinter der Lok ein schwarz lackierter Waggon angehängt worden ist, der den Namenszug „Peter Maffay“ trägt. „Einer unserer Partywagen“, erklärt eine Schaffnerin. Was dann auch die große halbrunde Theke und die fehlenden Sitze erklärt. Hier schunkeln sie sonst dem Weinfest am Rhein entgegen oder bitten zum nächsten Disco-Fox. Heute nicht. „Heute wird abgerockt“, stellt Maffay klar.
"Wir schmeißen niemanden raus"
Mitrocken kann allerdings nicht jeder. Denn für das, was der 65-Jährige Rock’n’Rail nennt, konnte man keine Tickets kaufen, man konnte sie nur auf seiner Facebook-Seite gewinnen. „Der Andrang war riesig“, sagt sein Manager Michael von Almsick. „Tausende wollten dabei sein.“ Gut 100 haben es geschafft und dürfen nun in kleinen Gruppen jeweils ein Stück mitfahren – am nächsten großen Bahnhof heißt es dann: „Die einen raus, die nächsten rein.“
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Reguläre Bahn-Passagiere sind allerdings auch willkommen. „So lange genug Platz ist im Waggon“, sagt von Almsick, „wir schmeißen niemanden raus.“ Und so wird es bald recht eng vor der kleinen Bühne, die sie in den Waggon eingebaut haben. Mit Platz für Keyboards, einem Cajon für die Perkussion sowie für akustische Gitarren und einen Bass. Ist alles ein wenig eng, aber gemütlich und die Fans sind, „ganz nah dran“.
"Echt guter Typ"
Kaffee und Kuchen gibt es, Bier und Wein auch, und alles ist umsonst. Aber der Verzehr hält sich in Grenzen. Sie sind ja nicht gekommen, um sich satt zu essen oder volllaufen zu lassen, sie wollen Maffay hören. Und das können sie. Zusammen mit Bertram Engel, Carl Carlton und Pascal Kravitz gibt er Kostproben aus seinem jüngsten Album, behauptet „Niemals war es besser“, besingt „Gelobtes Land“ und erzählt wie das ist, „Wenn der Himmel weint“.
Die Fans jubeln und klatschen, halten Smartphones und Tablets in die Höhe, um den Augenblick festzuhalten, und manchmal schaut auch jemand vom Zugpersonal auf ein paar Takte vorbei, obwohl es hier ja keine Fahrkarten zu kontrollieren gibt. Eigentlich, gibt Jessica (42) zu, kenne sie die alten Lieder ja besser. „’So bist du’ und solche Sachen. Aber die neuen Songs finde ich auch toll.“ Und überhaupt: „Der Maffay ist echt ein guter Typ“, sagt sie und, um sie herum wird bestätigend genickt: „Echt guter Typ.“
Klar ist das Promotion. Aber da das jüngste Album schon auf Platz eins der Charts stand und die Tournee im kommenden Jahr so gut läuft, dass Zusatztermine geplant sind, nimmt man Maffay auch ab, wenn er später sagt: „Es macht einfach Spaß. Auch wenn es manchmal ganz schön wackelt.“ Er ist ja ohnehin niemand, der sich hinter verdunkelten Limousinen-Scheiben oder umringt von einer Horde Bodyguards abschottet von den Leuten, die seine Musik mögen. Und während die meisten seiner Band jeden Zwischenstopp nutzen, um auf dem Bahnsteig eine zu qualmen, bleibt er im Waggon, schreibt Autogramme, erzählt Geschichten oder lässt sich welche erzählen.
"Ich bin nunmal Motorradfahrer"
Draußen dämmert es mittlerweile, als der Zug sich Dortmund nähert. Spät in der Nacht wird er Nürnberg erreichen. Endstation, für die Passagiere, Zwischenstopp für Maffay. „Bis Weihnachten ist jeder Tag verplant“, sagt er. Weiter geht es allerdings nicht auf der Schiene, sondern auf der Straße. Das habe nichts mit der Deutschen Bahn zu tun, beteuert Maffay. „Ich bin nun mal leidenschaftlicher Auto- und Motorradfahrer“. Mit dem Zug ist er, man glaubt es kaum, das letzte Mal in den 1980ern gefahren. Da allerdings gleich von Moskau bis nach Peking, 7622 Kilometer am Stück, „Tolle Erfahrung“, sagt Maffay, „aber so ein Aktion wie jetzt hätte ich in dem Zug damals nicht machen wollen.“