Wächtersbach. Bewegender Abschied von Tugce A.: Die getötete Studentin ist noch am Mittwoch nach der Trauerfeier beerdigt worden. Die Anteilnahme ist riesig.
Der traurige Abschied von Tugce Albayrak beginnt in einem schmucklosen Gewerbegebiet. Dort steht neben einer Holzwerkstatt und Bahngleisen das gelbe Moschee-Gebäude des Türkisch-Islamischen Kulturvereins (Ditib). Das grau-kalte Wetter verstärkt die bedrückende Atmosphäre, die an diesem Tag in Wächtersbach herrscht.
Im Freien bahren Helfer den dunkelbraunen, geschmückten Sarg mit dem Leichnam der jungen Lehramtsstudentin auf. Viele der mehr als 1000 Trauergäste weinen, als ein Gebet für Tugce gesprochen wird. Sie war nach einer Prügelattacke in Offenbach ins Koma gefallen und nicht mehr erwacht.
"Es hätte auch meine Tochter sein können"
Auf zwei Tischen vor dem Moschee-Gebäude liegen zahlreiche Blumengebinde, mit denen die Menschen ihre Anteilnahme und Trauer ausdrücken. Ein Gesteck aus rosa und weißen Rosen trägt ein Band mit der Aufschrift: "Es hätte auch meine Tochter sein können". An einem anderen steht: "Unser Engel, Du wirst immer in unseren Herzen bleiben."
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und der türkische Botschafter in Deutschland, Hüseyin Avni Karslioglu, erweisen Tugce die letzte Ehre.
Bewegender Abschied von Tugce A.
Anschließend wird Tugce A. im nahegelegenen Bad Soden-Salmünster beigesetzt. 1500 Menschen Trauergäste sind auch dorthin gekommen.
Tugces Schicksal bewegt viele
Die tragische Geschichte der Lehramtsstudentin hat zahlreiche Menschen bewegt, viele drücken Entsetzen und Trauer über die sozialen Netzwerke im Internet aus. Egi Deidda (42) und ihre Tochter Alicia (14) sind aus dem nahen Maintal zur Trauerfeier nach Wächtersbach gekommen. "Nicht jeder hat solch einen Mut wie sie. Ich hätte wahrscheinlich wie viele andere weggeschaut", sagt die Mutter über Tugce.
Die junge Frau war nach bisherigen Erkenntnissen in einem Schnellrestaurant zwei Mädchen zur Hilfe gekommen, die von Männern belästigt worden sein sollen. Unter den Männern auch der 18-Jährige, der später auf dem Parkplatz zugeschlagen haben soll. Er sitzt seither in Untersuchungshaft. Noch ist unklar, ob der Schlag oder Tugces Sturz, bei dem sie mit ihrem Kopf heftig auf den Boden prallte, die letztlich tödlichen Verletzungen verursacht hat.
Schon am vergangenen Freitag war es vor der Klinik in Offenbach, in der die Studentin behandelt wurde, zu sehr bewegenden Szenen gekommen. Es war Tugces 23. Geburtstag. Am Abend, als die lebenserhaltenden Maschinen abgestellt wurden, harrten rund 1500 Menschen vor dem Krankenhaus aus.
Staatsanwaltschaft: Anklage im Fall Tugce soll zügig erfolgen
Die zuständige Staatsanwaltschaft in Offenbach will derweil zügig Anklage erheben. "In Haftsachen, insbesondere mit Jugendlichen, sollte möglichst innerhalb von sechs Monaten angeklagt werden und die Hauptverhandlung beginnen", sagte ein Sprecher am Mittwoch. Mit dem Ergebnis aller Obduktionsergebnisse sei im Januar zu rechnen. Zur aktuellen Ermittlungsarbeit gehöre auch, die Qualität des Videos vom Tatgeschehen auf dem Parkplatz vor dem Offenbacher Schnellrestaurant verbessern zu lassen.
Wegen Körperverletzung mit Todesfolge wird gegen den mutmaßlichen, 18 Jahre alten Täter ermittelt. Dieser sitzt in U-Haft und schweigt. Für einen Tötungsvorsatz gebe es keine Anhaltspunkte, sagte der Staatsanwalt.
In die Diskussion um einen Verdienstorden für die junge Frau hat sich unterdessen auch die Bundesregierung eingeschaltet: Regierung und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hätten "große Sympathie" für die Gedanken, "die der Bundespräsident da geäußert hat", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. (dpa)