Offenbach. . Das Video einer Überwachungskamera, das die Rangelei vor dem Tod von Tugce A. (22) zeigt, könnte laut Staatsanwaltschaft die Ermittlungen erschweren.
Im Fall der getöteten Tugce könnte ein in die Öffentlichkeit gelangtes Video die Ermittlungen erschweren. Zeugen würden möglicherweise beeinflusst, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag in Offenbach. Es werde untersucht, wer der Presse die Bilder einer Überwachungskamera illegal zugespielt hat. Die Bild-Zeitung hatte das Video veröffentlicht, es war aber noch nicht freigegeben.
Die Restaurantkette McDonald's hatte der Familie von Tugce A. am Dienstag in einer einseitigen Zeitungsanzeige ihr Beileid ausgesprochen – ebenfalls in der Bild-Zeitung. "Wir trauern um eine außergewöhnliche Frau, die Zivilcourage gezeigt hat und dabei ihr eigenes Leben verloren hat", schreibt der Konzern in der Anzeige, die am Dienstag in der "Bild"-Zeitung erschien. McDonald's verurteile jede Art von Gewalt, "insbesondere in und um unsere Restaurants", heißt es in dem Text, der in deutscher und türkischer Sprache abgedruckt ist.
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Derweil beschäftigen sich die Ermittler mit den Aussagen zweier Zeuginnen und mit einem Video. Ob die Studentin (22) an einem Schlag gegen den Kopf oder dem anschließenden Sturz auf den Asphalt starb, blieb auch nach dem vorläufigen Ergebnis der Obduktion unklar. Beides könne die tödliche stumpfe Gewalteinwirkung verursacht haben, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Montagabend in Offenbach mit.
Mutmaßlicher Täter gibt Ohrfeige zu
Die junge Frau war Mitte November vor einem Offenbacher Schnellrestaurant so schwer verletzt worden, dass sie ins Koma fiel und später starb. An ihrem 23. Geburtstag wurden die lebenserhaltenden Maschinen abgeschaltet. Der mutmaßliche Schläger, ein 18-Jähriger, sitzt in Untersuchungshaft und schweigt zu den Vorwürfen.
Laut Staatsanwaltschaft gibt es über ihn mehrere Eintragungen im Bundeszentralregister, in einem Fall sei er wegen Körperverletzung belangt worden. Er habe unter anderem kurz in einer Arrestanstalt für Jugendliche gesessen. In einer ersten Anhörung beim Haftrichter habe der junge Mann eine Ohrfeige zugegeben.
Justizminister Mass: Härtere Strafen helfen nicht weiter
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hält härtere Strafen für Gewaltverbrechen als Konsequenz aus dem Fall für nicht angebracht. "Wer glaubt, mit härteren Strafen solche Verbrechen zu verhindern, ist auf dem Irrweg", sagte er am Rande einer SPD-Regionalkonferenz am Montagabend in Neumünster (Schleswig-Holstein). Notwendig sei insgesamt mehr Zivilcourage der Bürger. Je mehr Menschen Zivilcourage zeigten, desto unwahrscheinlicher dürfte es werden, dass solche Gewalttaten wieder passierten, meinte Maas.
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Zwei wichtige Zeuginnen haben inzwischen Aussagen bei der Polizei gemacht, über deren Inhalt aber nichts mitgeteilt wurde. Die beiden könnten mitbekommen haben, wie die Auseinandersetzung im Inneren des Restaurants begonnen hatte. Angaben zur Identität der beiden tagelang gesuchten Zeuginnen wurden nicht gemacht.
Nach früheren Mitteilungen der Polizei sollen zwei junge Frauen kurz vor dem Zwischenfall in den frühen Morgenstunden stark betrunken im Toilettenbereich des Fast-Food-Lokals von mehreren Männern belästigt worden sein, darunter auch von dem mutmaßlichen späteren Schläger. Tugce A. half nach Aussage von Zeugen den Mädchen, was die spätere Attacke vor dem Restaurant ausgelöst haben könnte.
Video sollte noch gar nicht öffentlich gezeigt werden
Wichtige Informationen könnte auch ein Video liefern, das die "Bild"-Zeitung veröffentlicht hat. Darauf seien offensichtlich Szenen vom Parkplatz des Schnellrestaurants in der Tatnacht zu sehen, teilten die Behörden mit. Die Ermittler prüfen, auf welchem Weg das Video in die Öffentlichkeit gelangte. Es sei von den Behörden nicht freigegeben worden.
Unterdessen bereitet sich die Stadt Bad Soden-Salmünster in Osthessen auf die Beisetzung von Tugce A. auf dem örtlichen Friedhof an diesem Mittwoch (3.12.) vor. (dpa)