Offenbach. . Tugce A. hat es nicht geschafft: Elf Tage nachdem die junge Frau in Offenbach bei einer Prügelattacke lebensgefährlich verletzt wurde, ist sie von Ärzten für hirntot erklärt worden. Die Staatsanwaltschaft bestätigte am Donnerstag entsprechende Berichte. Der Tatverdächtige sitzt in Untersuchungshaft.

Die junge Tugce A. wird die Prügelattacke vor einem Offenbacher Schnellrestaurant nicht überleben. Die Klinik habe der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass die Ärzte am Mittwochmorgen den Hirntod bei der 22-Jährigen festgestellt hätten, sagte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag.

Die Studentin war am 15. November durch einen Schlag so schwer verletzt worden, dass sie seitdem im Koma liegt. Der mutmaßliche Täter, ein 18-Jähriger, sitzt in U-Haft und schweigt. Nach Medienberichten soll Tugce in einem Akt von Zivilcourage versucht haben, einen Streit zu schlichten. Wie der Streit genau eskalierte, steht nach Angaben der Ermittler noch nicht fest.

Definitionen: Koma, Wachkoma, Hirntod

Was ist ein Koma?

Das Koma (griechisch für "tiefer, fester Schlaf") ist der schwerste Grad einer Bewusstseinsstörung und Ausdruck einer schweren Hirnfunktionsstörung. Der Patient lässt sich durch äußere Reize wie Ansprechen oder Rütteln nicht wecken. Selbst auf Schmerz reagiert er nicht. Mit verschiedenen Koma-Skalen wird die Stärke abgeschätzt. Es gibt verschiedene Formen von Koma. Auch die möglichen Ursachen sind vielfältig: Kopfverletzungen, Schlaganfall und Hirninfektionen etwa, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Vergiftungen, Über- und Unterzuckerung bei Diabetes, Bluthochdruck oder auch Leberversagen. Aus einem Koma kann ein Patient wieder erwachen.

Was ist ein Wachkoma?

Patienten im Wachkoma (apallisches Syndrom) haben zwar die Augen geöffnet, ihr Blick geht jedoch ins Leere. Normalerweise haben die Patienten nach Auskunft von Ärzten kein Bewusstsein und können weder emotionalen Kontakt aufnehmen noch Aufforderungen befolgen. Das Stammhirn ist aber noch aktiv, Blutdruck, Atmung und viele Reflexe werden weiter geregelt. Das Wachkoma tritt meist als Folge eines schweren Sauerstoffmangels im Hirn auf. Wachkoma-Patienten werden künstlich ernährt. Eine Rückkehr des Bewusstseins nach mehr als drei Monaten gilt als unwahrscheinlich.

Wann spricht man vom Hirntod?

Bei Hirntoten sind die Gesamtfunktionen des Großhirns, Kleinhirns und Stammhirns unwiederbringlich erloschen. Ursachen sind beispielsweise Schädel-Hirn-Verletzungen, Hirnblutungen oder Herz- Kreislauf-Stillstand. Der Mensch atmet nicht mehr. Durch künstliche Beatmung kann der Blutkreislauf aber erhalten werden. Dies geschieht etwa, um ihm zu einem späteren Zeitpunkt Spenderorgane zu entnehmen.

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Der Offenbacher Landtagsabgeordnete Ismail Tipi, der nach eigenen Angaben engen Kontakt zur Familie A. hat, sagte: "Wir wussten von Beginn an, dass sie ihre Verletzungen nicht überleben wird." Die Eltern hätten entschieden, dass die lebensverlängernden Maßnahmen am Krankenbett ihrer Tochter am Freitag eingestellt werden sollten - es wäre der 23. Geburtstag von Tugce. "Man hat bis zuletzt gehofft, dass ein Wunder geschieht und nach jedem Strohhalm gegriffen", sagte der CDU-Politiker aus Offenbach.

Verdächtiger sitzt in U-Haft

Der 18-Jährige soll die Frau nach einem Streit auf einem Parkplatz vor dem Lokal mit einem Schlag niedergestreckt haben. Dabei fiel Tugce A. mit dem Kopf auf einen Stein und erlitt schwerste Schädel-Hirn-Verletzungen. Der Verdächtige sitzt in U-Haft und schweigt. Er sei der Justiz zwar bereits bekannt, aber kein Intensivtäter, sagte der Oberstaatsanwalt.

Familienangehörige und Freunde von Tugce sich überzeugt, dass die junge Frau vor dem Streit auf dem Parkplatz zwei Mädchen helfen wollte, die an einer Toilette von mehreren Männern belästigt worden waren. Die Polizei sucht diese beiden blonden Mädchen, die Zeugen auf 13 bis 16 Jahre schätzen. Sie sollen am frühen Samstagmorgen stark betrunken gewesen sein.

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Große Anteilnahme in Sozialen Netzwerken

Ein rund zehnminütiges Video, in dem Familienangehörige, Freunde und Fremde ihre Anteilnahme mit Tugce ausdrücken, wurde innerhalb weniger Tage im Internet mehr als 100.000 Mal aufgerufen.

Hunderte hatten auch bei zwei Mahnwachen Trauer und Entsetzen über die Tat zum Ausdruck gebracht. Eine dritte Mahnwache mit noch mehr Teilnehmern war für diesen Freitagabend - Tugces Geburtstag - vor dem Klinikum angesagt. Kurz nach den ersten Medienberichten über den Tod der jungen Frau bekundeten viele ihre Trauer in den sozialen Netzwerken. (dpa)