Potsdam. Mit seinem Label Wunderkind ist er zurück auf dem internationalem Laufsteg. Heidi Klum hat ihm zu neuer Prominenz im Fernsehen verholfen. Designer Wolfgang Joop blickt auf pralle 70 Jahre zurück.
Modeschöpfer Wolfgang Joop führt ein bewegtes Leben. Der Terminkalender des Potsdamers, der am 18. November 70 Jahre alt wird, ist weiterhin prall gefüllt. "Ich bin es gewöhnt, dass ich gefordert und gewollt werde. Das ist das beste Antidepressivum", sagte Joop im Interview der Nachrichtenagentur dpa.
Wie feiern Sie Ihren 70. Geburtstag?
Wolfgang Joop: Ich werde mich im allerengsten Kreise davonmachen und in ein anderes Land reisen. Ich habe keine so große Lust, mich dauernd zu bedanken, dass ich durchgehalten habe bis jetzt.
Was bedeutet die Zahl für Sie?
Joop: Ich habe nicht so viel Zeit, darüber nachzudenken. In meinem Beruf arbeitet man immer schon ein Jahr voraus. Dadurch gerät man etwas durcheinander mit der Zeit. Zumal im Winter die Arbeitszeit immer knapp wegen der vielen Feiertage ist.
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Gerade arbeite ich an der Winterkollektion 2015/16. Die Ideen dafür will man möglichst schnell realisiert sehen, damit man sie noch vor Paris korrigieren kann. Man wartet immer auf den Termin. Da ist man selber ungeduldig und hat das Gefühl, man lebt in der Zukunft und gar nicht richtig in der Gegenwart.
Ich habe aber auch gelernt, die Vergangenheit als etwas Kostbares zu sehen. Ich konnte eine so große Strecke an Frieden und Selbstverwirklichung erleben, dass ich an einen Punkt gelangt bin, an dem ich sage: Was jetzt noch kommt, sind nur noch die Kirschen auf dem Kuchen.
Den Kuchen habe ich mir vor allem selbst gebacken. Aber ich durfte ihn immer teilen. Das ist ja auch wichtig. Ich konnte meine beruflichen Erfolge mit vielen Menschen teilen. Ich habe Familie, Kinder, Enkel. Mir ist eigentlich immer im richtigen Zeitpunkt die richtige Person begegnet. Ich hatte immer Unterstützung und fühlte mich beschützt, ja auch geliebt.
Das klingt nach einem guten Resümee...
Joop: Ich bin physisch und geistig privilegiert. Ich muss mir keine Gedanken machen, ob ich in die Jeans reinkomme. Ich komme in sie - und zwar in die, die ich mir vor 40 Jahren gekauft habe. Mein Friseur wundert sich über die Menge meiner Haare... Ich habe mir da nie viel Gedanken machen müssen.
Das einzige Problem ist, wenn ich mir für besondere Anlässe etwas rauslegen muss. Dann bin ich immer ratlos. Vielleicht, weil ich mich zu sehr mit dem Äußeren der Anderen beschäftige. Und auch nicht unbedingt mit der aktuellen Mode mitgehen will. Sie ist die, die hämisch lacht, wenn man sich komplett nach ihr richtet.
Sie sind wieder bei "Germany's Next Topmodel" dabei. Statt Rente eine neue Karriere?
Joop: Ich glaube, dass ich in der ersten Staffel einen wesentlichen Beitrag leisten konnte. Ich habe dem reinen Unterhaltungs- und Challenge-Format die Perspektive hinzugefügt, um welche Aspekte es bei der High Fashion geht. Dass es da eben nicht nur um das Schöne, Gefällige geht, sondern auch um die Abweichung.
Ich habe aus einer Welt berichten können, um die es angeblich geht: die Welt der High Fashion mit den echten Topmodels. Aber diese Welt kannten die Leute, die das Format machen, nicht direkt aus eigener Erfahrung.
Da ich meinen Auftritt nicht als Rolle begreife, bin ich halt so wie ich bin: Ich zeige Gefühle, habe Mitleid oder Heimweh wie die Mädchen und gehe wie sie oft an meine Grenzen. Wie sie ziehe ich mich dauernd um und bin so keine berechenbare oder nur begleitende Moderator-Figur.
Ich wusste, dass viele Augen auf mich gerichtet sind. Das ist nicht immer angenehm. Aber diese Prüfung habe ich mir auferlegt und die habe ich - glaube ich - bestanden. Sehr viele junge Leute zwischen 14 und 32 haben eine große Nähe zu mir entwickelt und viel Sympathie entgegengebracht. Ich bin es gewöhnt, dass ich gefordert und gewollt werde. Das ist das beste Antidepressivum. (dpa)
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