Essen.. Nach Erkenntnissen der deutschen Versicherer versuchen viele Verbraucher, sich mit Betrügereien neue Flachbildfernseher oder Smartphones zu beschaffen. Die Verdachtsfälle bei beschädigten Geräten seien auffällig hoch. Die Versicherer versuchen sich zu wehren.
Eine Umfrage des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat es ans Tageslicht gebracht: 21 Prozent der Deutschen stimmten vor drei Jahren der Aussage zu, dass es ein Kavaliersdelikt sei, die Versicherung ruhig einmal etwas mehr bezahlen zu lassen. Fast jeder Vierte sagte: „Das macht doch jeder, die Versicherung übers Ohr zu hauen“. Umfragen wie diese verfolgen natürlich einen Zweck: Sie sollen dem Verbraucher ins Gewissen reden. Denn für Versicherer kann das angeblich laue Unrechtsbewusstsein ins Geld gehen. Laut GDV entstehen allein in der Schaden- und Unfallversicherung durch Betrügereien jährlich Schäden in Höhe von rund vier Milliarden Euro. Und zwar weniger durch spektakuläre Fälle, sondern vor allem durch alltägliche.
Wie oft wird die Versicherung in Deutschland betrogen?
Eine umfassende Statistik dazu gibt es nicht. „Es gibt schlicht zu viele Versicherungen und zu viele Produkte, die neu auf den Markt kommen“, sagt GDV-Sprecher Stephan Schweda. Was es allerdings gibt, sind eine Faustformel sowie recht aktuelle Stichproben in den Bereichen Flachbildfernseher und Smartphones. Die Faustformel lautet: „Einer von zehn Versicherungsfällen hat sich nicht so ereignet, wie von den Geschädigten angegeben.“ Bei Flachbildfernsehern waren es im untersuchten Zeitraum jeder vierte, beim Smartphone jeder zweite Fall. Untersucht wurden 1450 bzw. 2000 Schadensmeldungen.
„Elektronische Geräte sind heute Mode- und Prestigeprodukte. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten. Es stimmt schon, dass besonders dann viele Alt-Geräte kaputtgehen, wenn neue auf den Markt kommen“, sagt Schweda. Laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung wird am häufigsten bei der privaten Haftpflicht- und bei der Hausratversicherung betrogen.
Wie versuchen Versicherungen dem entgegenzuwirken?
Sie haben gemeinsam mit Sachverständigen bei Flachbildfernsehern und Smartphones in Versuchsreihen die gängigsten Schadenszenarien nachgestellt. Fallenlassen, Herunterstoßen, Unfälle mit Controllern von Spielkonsolen. So zeigte sich, welche Einwirkungen welche Spuren hinterließen.
„Es geht in vielen Fällen darum, die Plausibilität von Schadensmeldungen zu überprüfen“, sagt Schweda. Darüber hinaus gibt es so etwas wie ein Verdachtsraster, das den Versicherungen Hinweise auf Betrügereien anzeigen soll. Das Raster beinhaltet die Häufigkeit von Schadensmeldungen oder Meldungen kurz nach Abschluss der Versicherung.
Welche Handhabe haben Versicherungen, Betrügereien bei technischen Geräten aufzudecken?
Versicherer können die defekten Geräte zu einer technischen Prüfung anfordern. Die Besitzer müssen diese dann einschicken. Bei Auffälligkeiten veranlassen die Versicherer eine vertiefende Untersuchung, meist werden die Versicherten zu einer erneuten Beschreibung des Schadenshergangs befragt. Mitunter vereinbaren die Sachverständigen auch einen Ortstermin. „In einem hohen Prozentsatz der Fälle hören die Versicherer von den Kunden dann nichts mehr. Auch das spricht dafür, dass Schadensbilder nicht stimmen“, sagt Stephan Schweda.
Was kostet Täter der Versuch eines Betruges?
Dass Versicherungsbetrug sowie der Versuch teuer werden können, zeigt ein Rechenbeispiel des GDV, das abschrecken soll. Der Täter hat einen Schaden manipuliert und hofft auf einen „Gewinn“ von 100 Euro. Die Versicherung ist ihm auf die Schliche gekommen und hat die Ansprüche abgelehnt. Sie fordert die Kosten für den Sachverständigen (166,27 Euro) zurück und stellt die pauschalen Bearbeitungskosten (200 Euro) in Rechnung.
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Eine Fülle von Gerichtsentscheidungen hat dem GDV zufolge in der jüngeren Vergangenheit gezeigt, dass bereits Betrugsindizien dazu geführt haben, dass Täter mit den Ermittlungskosten belastet wurden. Darüber hinaus stellt der Versicherer meist Strafanzeige. Allein der Betrugsversuch ist eine Straftat, die mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet wird. Im vorliegenden Fall stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen eine Zahlung von 450 Euro ein. Für den Betrüger bedeutet das Kosten von 816,27 Euro. Die Gebühr für den Mahnbescheid und die Kosten des Versicherten sind hier nicht mit berücksichtigt.
Welche weiteren Konsequenzen drohen dem Betrüger?
Der Versicherer hat das Recht (§ 314 BGB), den Versicherungsvertrag zu kündigen. In schweren Fällen ist sogar eine Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung möglich. Der Bund der Versicherten (BdV) weist darauf hin, dass es in diesem Fall sogar schwierig sein kann, wieder einen entsprechenden Versicherungsschutz zu erlangen. „Viele Betrugsfälle landen im Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft, ein Instrument der Branche zur Aufdeckung von Betrügereien und Missbrauch“, sagt ein BdV-Sprecher. Es komme vor, dass in dem System verzeichnete Antragssteller von Versicherungen abgelehnt würden. Erst nach fünf Jahren müssen die Einträge gelöscht werden.