Essen. Wenn neue Smartphones auf den Markt kommen, steigt die Zahl der Versicherungsfälle drastisch an, hat eine Untersuchung deutscher Versicherungen ergeben. Nur ein Zufall? Die Versicherer gehen davon aus, dass manch ein Kunde versucht, sich die neueste Technik bezahlen zu lassen.
Ein Freund ist aus Versehen auf mein Smartphone getreten. Der Hund des Nachbarn hat mein Tablet zerkaut. Beim Fotografieren ist einem Bekannten mein Handy in den Gartenteich gefallen. Solche oder ähnliche Ausreden hören Versicherungen besonders oft wenn, wie in diesen Tagen, Samsung ein neues Handy auf den Markt bringt.
Eine Untersuchung hat ergeben: Immer, wenn ein neues Smartphone-Modell erscheint, gehen zufällig genau dann die nicht mehr aktuellen Vorgänger reihenweise kaputt. Angeblich war es dann meist ein Freund oder Bekannter. Die Versicherer sind inzwischen hellhörig geworden und lassen immer mehr Schadensfälle prüfen.
Von 2.000 Meldungen waren mehr als die Hälfte nicht plausibel
„Zunächst haben wir uns nur gewundert“, sagt Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender des Gesamtverband der Deutschen Versicherungen (GDV). Eine stichprobenartige Untersuchung sprach jedoch für sich: Von 2.000 geprüften Schadensfällen war mehr als die Hälfte nicht plausibel.
Das neue Galaxy S4
Oft passen, die vom Kunden beschriebenen Schadensursachen schlicht und ergreifend nicht zu den Rissen und Macken am Gerät - ein klares Anzeichen für Versicherungsbetrug. Der GDV schließt daraus: Wenn es darum geht, sich für entstandene Schäden Geld von der Versicherung zurück zu holen, nehmen es Kunden mit der Wahrheit nicht immer ganz genau.
Nur ein Zufall? Die Versicherungen vermuten, dass ihre Kunden sich neue Geräte durch die Entschädigung der Versicherung finanzieren, beweisen lässt sich das jedoch nicht. Fest steht, Versicherungsbetrug ist inzwischen ein regelrechter Volkssport, der sich durch alle sozialen Schichten zieht. „Die Versicherer sind gegenüber der ganzen großen Mehrzahl ehrlicher Kunden in der Pflicht, Betrug zu bekämpfen“, so von Fürstenwerth.
Versicherungsbetrüger schaden nicht nur, wie einige annehmen, den vermeintlich reichen Versicherungen, sondern in erste Linie den Versicherten. Denn wenn Versicherungen immer häufiger für Schäden aufkommen müssen, werden diese Mehrkosten durch steigende Versicherungsbeiträge ausgeglichen.
Versicherungen schützen sich, indem sie jeden Fall prüfen
Aus dem Grund lassen Versicherungen sich die zerstörten Geräte zuschicken, um sie durch einen Gutachter prüfen zu lassen. Dabei wurde Erstaunliches festgestellt: Rund 14 Prozent der Kunden verfolgen ihre Forderung nach der Ankündigung nicht weiter. Doch nicht alle lassen sich von regelmäßigen Kontrollen abschrecken. Jeder zehnte Schadensfall sei ein Betrug.
"In diesem Massenschadenbereich ist auch uns, wie bereits vom GDV beschrieben, dieses Phänomen bekannt", sagt Susanne Seemann von der Allianz. Der einzige Weg, sich zu schützen sei, jeden einzelnen Fall auf seine Richtigkeit zu prüfen. Dies sei bei der Allianz inzwischen gang und gäbe.
Versicherungen zählen einen jährlichen Schaden von 4,2 Milliarden Euro
Versicherungsbetrug ist kein Kavaliersdelikt, schon der Versuch ist eine Straftat. Kann ein Betrug oder der Versuch nachgewiesen werden, sind die Folgen für den Kunden erheblich. Die Versicherung entzieht dem Kunden nicht nur den Versicherungsschutz, sie fordert auch bereits gezahlte Leistungen und die Kosten für das Gutachten zurück. Außerdem bringt sie den Fall zur Anzeige.
Im schlimmsten Fall droht eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren. Dabei machen die Versicherungen keinen Unterschied, ob die es sich um kleine oder große Beträge handle, um die sie betrogen wurde. Denn in der Summe sei der Schaden bei vielen kleinen Beträgen immens, weiß von Fürstenwerth. Für die Branche bedeutet Versicherungsbetrug einen Schaden von rund 4,2 Milliarden Euro jährlich.