Essen. Um Personalausfälle abzuwenden, empfehlen viele Unternehmen ihren Mitarbeitern die Impfung gegen die Schweinegrippe. Ob Stahlwerk, Banken oder Kliniken: Notfallpläne liegen bereit. Unternehmen, die selbst impfen lassen, klagen aber über Engpässe beim Impfstoff.

Leere Produktionshallen, verwaiste Bankschalter, verlassene Büros, Schulen, Kliniken und Theater – die Schweinegrippe legt das öffentliche Leben und die Wirtschaft lahm. Dies ist bisher nur ein Horrorszenario, doch die Unternehmen wappnen sich mit Notfallplänen, Impfaktionen und Aufklärungskampagnen gegen die Schweinegrippe. Trotz steigender Infektionszahlen sind die Personalausfälle in den Betrieben aber noch gering.

„Wir haben an alle unsere Mitarbeiter eine klare Impfempfehlung herausgegeben", sagt Alexander Wilke, Sprecher des Stahlkonzerns Thyssen-Krupp. An den Standorten in Duisburg, Hamburg und Kiel sei bereits mit den Impfungen begonnen worden. Am Stahlwerk Duisburg-Hamborn seien seit dem 28. Oktober 300 Mitarbeiter geimpft worden. Noch gebe es im Konzern keinen offiziellen Fall von Schweinegrippe, so Wilke, dennoch lägen Notfallpläne bereit. Ein Krisenstab wurde eingerichtet, der eng mit dem Robert-Koch-Institut sowie – für die Auslandsmitarbeiter – mit dem Auswärtigen Amt kooperiere. Ziel sei es, die „Geschäftsfähigkeit im In- und Ausland zu sichern".

"Kernfunktionen" aufrecht erhalten

Auch andere große deutsche Konzerne wie Daimler, Siemens oder die Lufthansa, die täglich etwa 200.000 Menschen fliegt, bereiten sich mit Notkonzepten auf die Schweinegrippe und mögliche Folgen vor. Der Energiekonzern Eon wird ebenfalls „an einzelnen Standorten eine Schweinegrippen-Impfung durch die Betriebsärzte anbieten", teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Bereits im Mai habe eine Pandemie-Arbeitsgruppe damit begonnen, Maßnahmen zu formulieren, um die Gesundheit der Mitarbeiter und die „Kernfunktionen" im Konzern aufrecht zu erhalten und „so auch das Energieversorgungsgeschäft sicherzustellen". Ähnliche Vorsorge traf RWE.

Im Essener Uni-Klinikum haben sich bereits 900 Mitarbeiter impfen lassen. Nur in sehr wenigen Fällen habe es körperliche Reaktionen auf die Impfung gegeben. „Das waren Rötungen rund um die Einstichstelle, nichts Außergewöhnliches", sagt Burkhard Büscher, der Sprecher der Klinik. Die Stadt Bochum hat, um im Fall einer Pandemie das öffentliche Leben aufrecht erhalten zu können, 2000 der 6000 städtischen Angestellten eine Impfung nahegelegt. „300 haben sich bereits impfen lassen. Wegen der Nachfrage wird es nun einen zweiten Termin geben", sagt Stadtsprecher Thomas Sprenger.

"Beachtliche Engpässe" beim Impfstoff

Die Bankenbranche bereitet sich ebenfalls vor. „Wir informieren die Mitarbeiter fortlaufend und haben uns entschieden, den Impfempfehlungen des Robert-Koch-Instituts zu folgen", sagt Klaus Frick, Sprecher der Nationalbank in Essen. Eine zentrale Impfaktion könne kurzfristig gestartet werden, sobald der Impfstoff in ausreichender Menge verfügbar sei. Es gebe aber offenbar „beachtliche Engpässe". Dieser Umstand veranlasste jetzt Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP), von den Pharmafirmen mehr Anstrengungen zu fordern.

Auch die Nationalbank hat Notfallkonzepte vorbereitet. Sie definieren, welche Posten unbedingt besetzt bleiben müssen und welche „Schlüsselpersonen" im Krankheitsfall mit einem Laptop von zuhause aus arbeiten sollen. Frick: „Der Plan soll helfen, die Bank am Laufen zu halten." Bei einer Pandemie allerdings würden irgendwann auch die schönsten Konzepte scheitern. Gottlob seien die Personalausfälle bisher gering, „das können Sie an einer Hand abzählen", sagt Klaus Frick.

Oper ist geübt im Umgang mit Husten und Schnupfen

Derweil muss die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein die für den Dienstag geplante Impfaktion für ihre 1000 Mitarbeiter absagen. Wegen der Impfstoffknappheit werde der Termin verschoben, sagte eine Sprecherin des Hauses: „Es gibt Nachschubschwierigkeiten".

Die Kultur-Branche scheint die Virusgefahr eher gelassen zu betrachten. Im Bochumer Schauspielhaus etwa hat man die Impfempfehlungen der Stadt „registriert". Es werde auch darüber geredet, die Meinungen zu „Impfen ja oder nein" seien jedoch sehr zwiegespalten.

Impfungen seien nicht geplant, Notfallpläne nicht nötig, der Opernbetrieb sei geübt im Umgang mit Husten und Schnupfen, sagt auch Reinhard Beuth, Sprecher des Aalto-Theaters in Essen. Der Vorhang hebe sich, mit oder ohne Virus, denn häufig müssten kurzfristig schniefende oder hustende Darsteller ersetzt werden: „Bei uns kommt es alle Nase lang vor, dass ein Sänger heiser wird."