St. Augustin. Die nach dem Amokalarm an einer Schule in St. Augustin tatverdächtige 16-jährige Schülerin hatte Medienberichten zufolge eine selbstgebastelte Bombe in ihrem Kinderzimmer. Die Staatsanwaltschaft will gegen das Mädchen Haftbefehl unter anderem wegen versuchten Mordes beantragen.

Einen Tag nach dem offenbar geplanten Brandanschlag an einem Gymnasium in St. Augustin wird die tatverdächtige 16-jährige Schülerin von den Ermittlern vernommen. Sie hatte nach Medienberichten in ihrem Jugendzimmer eine selbstgebastelte Bombe gelagert. Wie "Focus Online" am Dienstag unter Berufung auf Ermittler weiter berichtete, soll die Jugendliche, die an der Schule Sprengkörper deponierte und eine Mitschülerin angriff, "von einem unbändigen Hass auf ihre Umwelt getrieben worden sein".

Staatsanwaltschaft will Haftbefehl beantragen

Nach dem Amokalarm will die Bonner Staatsanwaltschaft gegen die 16-jährige Tatverdächtige Haftbefehl wegen versuchten Mordes und Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion beantragen. Die Schülerin wurde von der Polizei vernommen, wie die Anklagebehörde am Dienstag mitteilte. Da eine Selbstmordgefährdung nicht auszuschließen sei, werde geprüft, ob die Jugendliche zu ihrem eigenen Schutz in der Jugendpsychiatrie untergebracht werden soll.

Die Gymnasiastin hatte offenbar schon vor den mutmaßlich geplanten Anschlägen auf ihre Schule Selbstmordgedanken. Darauf habe es in der vergangenen Woche vage Hinweise durch ihre Mitschüler gegeben, sagte die Leiterin des Gymnasiums, Annemarie Wähner. Der schulpsychologische Dienst sei aber nicht von einer Gefahr für andere ausgegangen. Das zur Fahndung ausgeschriebene Mädchen hatte sich am Montagabend gegen 23.00 Uhr am Kölner Hauptbahnhof gestellt und befindet sich seitdem in der Obhut der Polizei.

Eine 17-jährige Mitschülerin hatte die Jugendliche am Montag in den Schultoiletten bei den Vorbereitungen zu dem geplanten Anschlag überrascht und war von ihr mit einem Messer angegriffen worden. Die Staatsanwaltschaft erklärte, die 17-Jährige habe gegen ihren Bauch gerichtete Messerstiche abwehren wollen und sei dabei erheblich verletzt worden. Ein Daumen wurde abgetrennt, das Mädchen ist bisher nicht vernehmungsfähig.

Gespräch mit Vertrauenslehrerin war geplant

Noch am Tattag hätte die 16-Jährige eigentlich ein Gespräch mit einer Vertrauenslehrerin führen sollen, erklärte das Schulministerium. Das Gespräch sei nicht sofort nach den angeblichen Selbstmordäußerungen angesetzt worden, da man bei diesem Thema sehr sensibel vorgehen müsse, sagte Schulministerin Barbara Sommer.

Die Hintergründe der offenbar geplanten Tat waren am Dienstag weiter unklar. Nach Informationen der «Bild»-Zeitung handelt es sich bei der 16-Jährigen um eine Einserschülerin aus einer unauffälligen Familie. Auch die Schulleiterin erklärte, die Mädchen sei eine «an sich gute Schülerin». Sommer forderte, bei den bereits getroffenen Maßnahmen gegen Amokläufe an deutschen Schulen auch die Mädchen stärker im Blick zu halten. Hier müsse das Täterprofil erweitert werden.

Bekannt wurde auch, dass nach der Messerattacke auf die 17-Jährige zunächst Feuer- statt Amokalarm ausgelöst worden war. Die Schüler seien daraufhin erst auf die Flure gerannt, statt sich in ihren Klassen zu verbarrikadieren, sagte Schülervertreter Christian von den Driesch. «Schließlich kam aber die Ansage, dass die Klassen abgeschlossen werden sollen», berichtete der 18-Jährige. Panik habe es nicht gegeben, aber «es war eine Erfahrung, die ich hoffentlich nicht mehr wieder machen muss».

Spezialeinsatzkräfte hatten die rund 800 Schüler in einer Turnhalle in Sicherheit gebracht. Im zweiten Stock der Schule entdeckte die Polizei einen Rucksack mit zehn Flaschen einer brandbeschleunigenden Flüssigkeit. Auch eine Gaspistole, eine Maske sowie ein Brief seien in dem Rucksack gewesen. Ob es sich um einen Abschiedsbrief handelte, wollte die Staatsanwaltschaft nicht sagen.

Um eine schnellstmögliche Rückkehr zur Normalität zu ermöglichen, hat der Unterricht an der Schule bereits wieder begonnen. 40 Schulpsychologen, Theologen und Notfallseelsorger stünden jedoch in den kommenden Tagen für Schüler, Eltern und Lehrer bereit, erklärte der Schuldezernent von St. Augustin, Markus Lübken. (ap/ddp)