Berlin. Trotz eines Machtwortes Generalsekretärin Andrea Nahles kommt die SPD in der K-Frage nicht zur Ruhe. Einige Sozialdemokraten aus der zweiten Reihe empfehlen nun ein Auswahlverfahren nach französischem oder amerikanischem Vorbild. Andere wollen aus der Kandidaten-Troika mindestens ein Sextett machen.
Die SPD hat ihr Sommerlochthema gefunden: Trotz eines Machtwortes von Generalsekretärin Andrea Nahles streitet die Partei über die Kür ihres Kanzlerkandidaten für 2013. Politiker aus der zweiten Reihe kritisierten am Dienstag Zeitplan und Auswahlverfahren und empfahlen die Vorwahlen in den USA und Frankreich als Vorbild. Die Parlamentarische Linke wollte aus der Kandidaten-Troika mindestens ein Sextett machen.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Pflug sagte der "Bild"-Zeitung, eine Entscheidung über den Kanzlerkandidaten nach der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar 2013 sei zu spät. "Bis Ende des Jahres sollte unser Kanzlerkandidat feststehen", forderte das Mitglied des rechten Seeheimer Kreises in der SPD. Sonst bleibe der SPD nicht genügend Zeit für den Wahlkampf gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Lars Klingbeil sprach sich für eine Kandidatenkür nach US-Vorbild aus. "Die Mitglieder sollen in einer Urabstimmung über die Frage der Kanzlerkandidatur entscheiden. Vorher kann es nach amerikanischem Vorbild eine TV-Debatte geben, bei der sich alle Kandidaten präsentieren", sagte er dem Blatt.
SPD soll ihre weibliche Seite zeigen
Dagegen bevorzugte Baden-Württembergs SPD-Generalsekretärin Katja Mast eine Vorwahl nach französischem Vorbild. "Die SPD würde dadurch insgesamt gewinnen", sagte sie. In Frankreich habe die Auswahl des sozialistischen Kandidaten zu einer Mobilisierung geführt, die dazu beigetragen habe, dass Präsident Nicolas Sarkozy abgewählt und durch François Hollande ersetzt wurde.
Auch interessant
Nach Ansicht des Sprechers der Parlamentarischen Linken der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, fehlen in der Kandidaten-Troika aus dem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel, Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier und dem früheren Bundesfinanzminister Peer Steinbrück ein paar Frauen.
"Aus der Troika sollte ein Kernteam werden, zu dem zusammen mit anderen Frauen Manuela Schwesig, Andrea Nahles und Aydan Özoguz gehören müssen", sagte Rossmann dem "Hamburger Abendblatt". Die SPD habe mehr zu bieten als eine starke männliche Seite. Schwesig und Özoguz sind stellvertretende Parteivorsitzende.
Seeheimer Kreis mahnt zur Ruhe
Der Sprecher des Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, mahnte die SPD, die Frage der Kanzlerkandidatur mit Ruhe anzugehen. Der spätere Bundeskanzler Gerhard Schröder sei 1998 erst sechs Monate vor der Bundestagswahl als Kanzlerkandidat aufgestellt worden, sagte Kahrs der Zeitung.
Heimspiel für Steinmeier
Angesichts der wieder entflammten Diskussion über die Kanzlerkandidatur der SPD beharrt die Parteispitze jedoch darauf, eine Entscheidung erst im Januar zu treffen. SPD-Generalsekretärin Andreas Nahles rief am Montag in Berlin dazu auf, die Debatte unverzüglich zu beenden.
Nahles: Nabelschau nutzt nur der Kanzlerin
Die damit verbundene "Nabelschau" schade zum jetzigen Zeitpunkt der SPD und komme nur der Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel zugute, sagte Nahles am Montag in Berlin. Es sei nicht "klug" für die SPD, "sich jetzt öffentlich mit sich selbst zu beschäftigen". "Der Zeitplan steht und wird unterstützt von allen drei Kandidaten", fügte Nahles hinzu.
Losgetreten wurde die Debatte von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Thorsten Albig, der für Steinbrück unter anderem als Pressesprecher gearbeitet hat. Er hatte sich aber am Wochenende für Steinmeier ausgesprochen - und so die Debatte erneut losgetreten. "Tu dir das nicht an", riet Albig seinem ehemaligen Chef.
In der Folge meldeten sich auch Unterstützer von Ex-Finanzminister Peer Steinbrück zu Wort.