Berlin. . Die Piraten strotzen vor Selbstbewusstsein. Nach dem Wahlerfolg in Berlin und acht Prozent in Umfragen träumen sie schon von Regierungsbeteiligungen. Der Kurs, auf dem dieses Ziel erreicht werden soll, ist noch unklar.

Die Piraten erleben nach ihrem Sensationserfolg bei der Abgeordnetenhauswahl vor zwei Wochen jetzt einen Höhenflug. Eine neue Forsa-Umfrage sah die Piraten gestern bundesweit bei 8 Prozent der Stimmen. Meinungsforscher sind allerdings nicht überrascht: Solche - mitunter nur kurzfristigen - Reaktionen nach Landtagswahl-Erfolgen sind nicht ungewöhnlich. Ob diese Zustimmung anhält, gilt als offen.

Die Partei berichtet aber auch über eine Eintrittswelle: Die Mitgliederzahl beträgt aktuell gut 13 000 mit Tendenz zu 14000, wie Parteichef Sebastian Nerz sagt.

Wie viele Mitglieder sind eigentlich Frauen?

Das ist unklar. Die Piraten werden zwar von jüngeren Männern dominiert, in Berlin sind 14 der 15 Abgeordneten männlich - doch erfasst die Partei das Geschlecht ihrer Mitglieder nicht, als Ausdruck „moderner Geschlechterpolitik“. Allerdings haben die Piraten spätestens seit ihrem Auftritt gestern in Berlin für die breite Öffentlichkeit auch ein weibliches Gesicht: Die politische Geschäftsführerin Marina Weisband, 24-jährige Psychologiestudentin aus Münster, schlug sich bei ihrem Auftritt souverän.

Wie geht die Parteispitze mit dem Erfolg um?

Die Spitzenleute der Piraten strotzen vor Selbstbewusstsein: In Berlin suchten sie gestern die große Bühne der Bundespressekonferenz, liebäugeln sogar schon mit einer Regierungsbeteiligung im Bund. Der Einzug in den Bundestag und die Landtage wird als realistisches Ziel ausgegeben.

Parteichef Nerz, 28-jähiger Bioinformatikstudent aus Tübingen, sieht die Piraten nicht mehr als „Netzpartei“, sondern viel breiter aufgestellt als „sozialliberale Grundrechtspartei“. In das Links-Rechts-Schema will der Vorsitzende die Piraten aber nicht einordnen: Man stehe für eine engagierte, eher linke Sozialpolitik ebenso wie für Bürgerrechte, die als Position der Mitte wahrgenommen würden.

Wie denken die Piraten über Regierungsbeteiligungen?

Sie gelten als grundsätzlich möglich, eine Fundamentalopposition streben die Piraten nicht an. Parteichef Nerz hat vor ein paar Tagen die Möglichkeit erörtert, nach der Bundestagswahl eine Koalition mit Rot-Grün einzugehen. Das kam in der Partei nicht durchweg gut an: Man solle erst eine Wahl gewinnen, bevor man im Bundestag die Büros ausmesse, schimpften die Berliner Piraten.

Nun lehnt der Parteichef Koalitionsspekulationen zwar ab. Aber auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, nach der Bundestagswahl in Koalitionsverhandlungen zu gehen, antwortet er mit einem „klaren Ja“. Geschäftsführerin Weisband sagt: „Wenn die Wähler wollen, dass wir regieren, werden wir regieren.“

Wären die Piraten überhaupt regierungsfähig?

Im Moment sicher nicht. Sie räumen selbst ein, dass ihr Programm zentrale Politikbereiche überhaupt nicht abdeckt und viele Forderungen auch zu ihrem Kernbereich Internet-Politik bisher nicht durch konkrete Vorschläge unterfüttert sind. Parteichef Nerz stellt aber in Aussicht, dass zur Bundestagswahl 2013 viele Fragen beantwortet seien. Bis dahin lehnt er es ab, sich zu brennenden Fragen wie der Euro-Krise zu äußern - weil es dazu noch keinen Parteibeschluss gibt. „Statt eines Programms bieten wir ein neues Betriebssystem der Politik. Wir wollen die Bürger fragen, was sie wollen,“ beschreibt Geschäftsführerin Weisband das Prinzip.

Warum ist den Piraten das Programm nicht so wichtig?

Zentrales Anliegen der Piraten ist es erst einmal, einen neuen Politikstil durchzusetzen - auch bei den etablierten Parteien. Es gehe darum, die Bürger in Entscheidungsprozesse einzubinden und aktiv zu beteiligen. Die Piraten stünden für Transparenz der Entscheidungen, alle Sitzungen seien öffentlich. „Wer eine Idee hat, ist herzlich eingeladen, zum Bundesparteitag einen Antrag zu stellen“, sagt Geschäftsführerin Weisband.