Krefeld. .

Zum ersten Mal hat sich der mutmaßliche Mörder von Mirco vor Gericht zum Tag der Tat geäußert. Er habe seine kranke Tochter betreut und sei trotzdem von seinem Chef angerufen worden, sagte er. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord aus niedrigen Beweggründen vor.

Der mutmaßliche Mörder des zehnjährigen Mirco hat am Montag erstmals vor Gericht über den Tag des Verbrechens gesprochen. Er berichtete vor dem Landgericht Krefeld von einer Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten. Am 3. September 2010 habe er sich freigenommen und sei trotzdem mittags von seinem Chef angerufen worden. Das Gespräch über einen ausstehenden Bericht zu einem Projekt sei „ziemlich heftig“ verlaufen, sagte der frühere Telekom-Bereichsleiter Olaf H.

Er hatte nach eigener Aussage an dem Tag seine kranke Tochter betreut und dies seinem Vorgesetzten am Telefon auch gesagt. Dieser habe daraufhin sinngemäß geantwortet: „Es ist mir scheißegal, was mit deiner blöden Tochter ist.“ Weitere Angaben zum Verlauf des Tages wollte der Angeklagte aber nicht machen. Stress im Job hatte er gegenüber der Polizei als Grund genannt, warum er den aus Grefrath (Kreis Viersen) stammenden Mirco ermordet hatte.

Auch als Zeugen geladene Arbeitskollegen berichteten am sechsten Verhandlungstag, dass H. im Sommer vergangenen Jahres offenbar stark unter Druck stand, weil er die Erwartungen seiner Vorgesetzten nicht erfüllte. „Man sah ihm an, dass er gestresst war“, sagte eine Kollegin. Die Chemie zwischen H. und dem mit „strengem Tonfall“ auftretenden Vorgesetzten habe nicht gestimmt.

„An seine Grenzen gestoßen“

Er sei „an seine Grenzen gestoßen“ und „mit der Situation unglücklich gewesen“, sagte ein weiterer ehemaliger Kollege. Zu dieser Zeit sei es Olaf H. „richtig mies“ gegangen. Die Vorgesetzten hätten ihm nicht mehr zugetraut, seinen Job zu machen. In dieser Zeit habe H. auf ihn wie ein „Blender“ gewirkt, der es nicht mehr schaffe, die Fassade aufrecht zu erhalten. Deshalb habe H. auch einen Wechsel innerhalb des Unternehmens angestrebt.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 45-jährigen Familienvater Mord aus niedrigen Beweggründen und zur Verdeckung eines sexuellen Missbrauchs vor. Er soll Mirco am Abend des 3. September 2010 beim Radfahren abgefangen, sich an ihm vergangen und dann getötet haben.

Über die Zeugenaussagen von Kollegen und Angehörigen versucht das Gericht, das Motiv der mutmaßlichen Tat zu ergründen. Olaf H. hatte den Mord an Mirco zwar gestanden, doch dabei widersprüchliche Angaben zum Tatgeschehen gemacht. In der vergangenen Woche hatte das Gericht die drei Ex-Frauen des Angeklagten gehört. Sie schilderten H. als liebenswürdigen und treusorgenden Familienvater.

Der Prozess wird am Freitag (9. September) fortgesetzt. Dann sollen unter anderen die beiden früheren Vorgesetzten des Angeklagten vernommen werden. (dapd)