Krefeld. . Kollegen des mutmaßlichen Mirco-Mörders haben ausgesagt. Olaf H. soll in den Monaten vor der Tat extrem gestresst gewesen sein. Demnach hätten seine Chefs ihn unter Druck gesetzt. Die Aussagen sind enorm wichtig für die Suche nach dem Tat-Motiv.

Mit der Vernehmung früherer Arbeitskollegen des Angeklagten ist am Montag der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder des zehnjährigen Mirco fortgesetzt worden. Einige von ihnen sagten am sechsten Verhandlungstag vor dem Landgericht Krefeld, der ehemalige Telekom-Bereichsleiters Olaf H. sei zuletzt sehr gestresst gewesen. Dies hatte der Angeklagte als Motiv für seine wütende Verfassung am Tatabend angegeben.

Die Exkollegen beschrieben ihn überwiegend als „angenehmen Kollegen“, der „sehr kollegial“ sowie „hilfsbereit“, „humorvoll“ und dabei „sehr stark belastbar“ gewesen sei. „Ich habe ihn als kompetenten Chef erlebt“, sagte eine Kollegin.

In den Monaten vor dem Tag, an dem Mirco ermordet wurde, stand der Angeklagte den Zeugenaussagen zufolge aber offenbar stark unter Druck, weil er die Erwartungen seiner Vorgesetzten nicht mehr erfüllte. „Man sah ihm an, dass er gestresst war“, so die Kollegin weiter.

„An seine Grenzen gestoßen“

Er sei „an seine Grenzen gestoßen“ und „mit der Situation unglücklich gewesen“, sagte ein weiterer ehemaliger Kollege. Zu dieser Zeit sei es Olaf H. „richtig mies“ gegangen. Die Vorgesetzten hätten ihm nicht mehr zugetraut, seinen Job zu machen. In dieser Zeit habe H. auf ihn wie ein „Blender“ gewirkt, der es nicht mehr schaffe, die Fassade aufrecht zu erhalten.

Ein anderer Mitarbeiter äußerte dagegen generell die Einschätzung, H. seien „komplexe“ fachliche Angelegenheiten „über den Kopf gewachsen“. Dann habe er versucht, seine Fehler über die „Beziehungsebene“ auszubügeln. „Er war ein Blender“, der häufig überfordert gewesen sei, fügte der Mann hinzu.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 45 Jahre alten Familienvater Mord aus niedrigen Beweggründen und zur Verdeckung eines sexuellen Missbrauchs vor. Er soll Mirco aus Grefrath (Kreis Viersen) am Abend des 3. September vergangenen Jahres beim Radfahren abgefangen, sich an ihm vergangen und ihn dann getötet haben.

„Wir können nur versuchen, das Rätsel zu lösen“

Über die Zeugenaussagen von Kollegen und Angehörigen versucht das Gericht, das Motiv der mutmaßlichen Tat zu ergründen. Olaf H. hatte den Mord an Mirco zwar gestanden, doch dabei widersprüchliche Angaben zum Tatgeschehen gemacht. In der vergangenen Woche hatte das Gericht die drei Ex-Frauen des Angeklagten gehört. Sie schilderten H. als liebenswürdigen und treusorgenden Familienvater.

Die Zeugenanhörungen seien der „Versuch, das, was unfassbar ist“, zu verstehen, sagte der Vorsitzende Richter Herbert Luczak. Die Frage sei, was einen als pflichtbewussten Familienvater beschriebenen Menschen zu solch einer „unfassbaren Tat“ gebracht habe. „Wir können nur versuchen, das Rätsel zu lösen“, sagte Luczak.

Der Prozess wird am Freitag (9. September) fortgesetzt. Dann sollen unter anderen die beiden Vorgesetzten des Angeklagten vernommen werden. (dapd)