Kiel. . Seine Studien-Dauer kann vermutlich in Deutschland niemand toppen. Ein Medizin-Student ist bereits seit 54 Jahren an der Kieler Uni eingeschrieben. Der König der Langzeitstudenten befindet sich im 108. Semester. Der Fall offenbart eine Lücke im System.
Ein Student der Kieler Christian-Albrechts-Universität ist seit 108 Semestern im Fach Medizin eingeschrieben. Der Mann ist seit 54 Jahren immatrikuliert, wie Uni-Sprecher Boris Pawlowski am Freitag auf dapd-Anfrage sagte. Er bestätigte damit einen Bericht der „Lübecker Nachrichten“. Das Alter des Mannes könne er nicht nennen. Für gewöhnlich schreibe man sich aber mit 18 oder 19 Jahren erstmals ein, fügte Pawlowski hinzu. Der Langzeitstudent ist also sicherlich über 70 Jahre alt.
Der Fall veranschaulicht laut Pawlowski eine Lücke im System. Im Gegensatz zu den Magister- oder Diplomstudiengängen gebe es bei den Staatsexamen keine Regelungen, die einen Ausschluss nach einer bestimmten Zeit vorsähen. Die Universitäten könnten eine solche Regelung auch gar nicht einführen, betonte der Sprecher. Denn für die Prüfungsordnungen der Staatsexamen seien die Bundesländer verantwortlich.
Druck auf Langzeitstudenten wächst
Da, wo sie es aber können, erhöhen die Universitäten Pawlowski zufolge den Druck auf die Langzeitstudenten. Für die alten Studiengänge mit Diplom- oder Magisterabschluss gibt es Fristen zur Umstellung auf die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge. Die Studenten müssen zügig fertig werden - oder auf einen der neuen Abschlüsse umsatteln. Diese sähen dann engere Kontrollen der Studienzeiten und zügigere Zwangsexmatrikulationen vor.
Auch an der Uni Lübeck gibt es nach Auskunft von Sprecher Rüdiger Labahn Studenten mit enorm hohen Semesterzahlen. Ein Medizinstudent habe sich vor knapp zwei Jahren im Rentenalter auf Drängen der Universität exmatrikuliert - nach 70 Fachsemestern.
Klagen gegen Rauswurf nach 20 Jahren Studium
Zwei weitere Lübecker Studenten klagten derzeit sogar gegen ihre Rauswürfe nach mehr als 40 Semestern. Prüfungen oder andere Studienleistungen seien in diesen Fällen seit Jahren oder gar Jahrzehnten nicht mehr erbracht worden. Dennoch überwiesen sie weiter ihre Semesterbeiträge. „Wir fragen uns schon, was sich diese Leute eigentlich vom Studentenstatus erhoffen“, sagte Labahn. Ermäßigungen, etwa bei den Beiträgen zur Krankenversicherung, könnten es nicht sein - sie seien fast immer an Altersgrenzen gekoppelt.
Nach Angaben beider Sprecher ist davon auszugehen, dass es bei Examensstudiengängen bundesweit Fälle mit enorm hohen Semesterzahlen gibt. Ihre Häufigkeit liege jedoch, gemessen an der Gesamtzahl der Studenten, im Promillebereich. (dapd)