Stuttgart. .
Im Streit um das Bahnprojekt "Stuttgart 21" hat Schlichter Heiner Geißler überraschend eine bauliche Kompromisslösung vorgeschlagen. Der gemeinsam mit dem Schweizer Gutachterfirma SMA unterbreitete Vorschlag mit dem Titel "SK2.2" sieht vor, dass der verkleinerte Kopfbahnhof mit seinen Zufahrten sowie die Gäubahn in Betrieb bleiben. Der Tiefbahnhof soll nur noch viergleisig unterhalb des heutigen Kopfbahnhofs gebaut werden.
Die Lösung habe den Vorteil, dass der Nahverkehr von den "schnellen durchgehenden Zügen" getrennt werde, heißt es in dem Papier. Die Gebäude könnten architektonisch miteinander verbunden werden. Der Südflügel könne bei dieser Konstruktion möglicherweise bestehen bleiben. Das heutige Bahnhofsgebäude behalte seine Funktionen, hieß es. Die Bahnsteige im Tiefbahnhof könnten breiter ausgestaltet werden, womit ein Kritikpunkt der Gegner ausgeräumt werde.
Im Vergleich zur bisherigen Bauplanung ließen sich namhafte Einsparungen erzielen, hieß es weiter. Eine Einschätzung der Kosten ist in dem Papier nicht enthalten.
Geißler sagte, er habe das Papier sowohl der Bundes- als auch der Landesregierung geschickt. Er forderte alle Beteiligten auf, den Vorschlag in den nächsten Wochen zu prüfen, um eine friedliche Lösung in dem "verbitterten Streit" zu finden.
Gegner brechen Verhandlung ab
Nach einer fast achtstündigen Debatte, die live im Fernsehen übertragen wurde, hatten die Gegner plötzlich angekündigt, den Saal zu verlassen, um sich zu beraten. Sie hatten kritisiert, dass die Bahn abgelehnt habe, einen zusätzlichen Stresstest zum bestehenden Kopfbahnhof durchzuführen. Dies sei eine "Kampfansage" der Bahn, über die man nun beraten müsse, sagte die Sprecherin des Aktionsbündnisses der Gegner, Brigitte Dahlbender.
Die Sitzung wurde nach einer Unterbrechung fortgesetzt. Geißler sagte, er wolle nicht den Raum verlassen, ohne den Versuch zu unternommen zu haben, eine Kompromisslösung zu finden. Denn auch die Volksabstimmung werde keine friedliche Lösung im Streit um den milliardenteuren Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof bringen. Es gehe um die Frage: "Wollt Ihr den totalen Krieg, das können wir auch machen, oder versuchen wir, als vernünftige Menschen einen vernünftigen Mittelweg zu finden." Er appellierte an alle Beteiligten, den Vorschlag in den nächsten Wochen zu prüfen.
Die Deutsche Bahn will bis Ende 2019 für 4,1 Milliarden Euro den 16-gleisigen Kopfbahnhof in einen achtgleisigen unterirdischen Durchgangsbahnhof umbauen. Die Bahn will trotz des neuen Kompromissvorschlags die Bauarbeiten nicht ruhen lassen. Wegen eines Vorschlags werde es keinen Baustopp geben, sagte Bahnvorstand Volker Kefer am Freitagabend in Stuttgart dem Fernsehsender Phoenix. Es gebe schließlich Planfeststellungsverfahren und Verträge. Den neuen Vorschlag des Schlichtes Heiner Geißler wollte Kefer nicht bewerten. (dapd/rtr)