Stuttgart. . Ende der Schlichtung aber kein Ende des Streits: Bei der Präsentation des Stresstests zum umstrittenen Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 stehen sich Bahn und Projektgegner weiter unversöhnlich gegenüber.

Gegner und Befürworter des Projekts „Stuttgart 21“ stehen sich auch zum Ende des Schlichtungsverfahrens unversöhnlich gegenüber. Vertreter der Deutschen Bahn AG warben am Freitag im Stuttgarter Rathaus erneut für den geplanten Tiefbahnhof und sprachen von einem gut durchdachten Vorhaben. Die Projektgegner lehnten den Neubau hingegen weiter strikt ab und erhoben schwere Vorwürfe gegen die Bahn.

Mit der Vorstellung des sogenannten Stresstests endete das Schlichtungsverfahren, das am 22. Oktober 2010 unter Leitung des früheren CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler begonnen hatte.

Aktionsbündnis wirbt für bestehenden Kopfbahnhof

Hannes Rockenbauch vom Aktionsbündnis der Projektgegner sagte, der geplante Durchgangsbahnhof werde von der Bevölkerung mehrheitlich nicht akzeptiert. Zudem werde mit dem alten Bahnhof ein Kulturdenkmal zerstört. Der Kopfbahnhof in Stuttgart gehöre im Übrigen zu den besten, leistungsfähigsten und pünktlichsten Bahnhöfen in ganz Deutschland. Der Deutschen Bahn warf der Stadtrat vor, seit Jahren mit nicht haltbaren Werbeversprechen zu operieren.

Die Projektgegner kritisierten auch den in der Schlichtung vereinbarten Leistungstest. Dieser sollte zeigen, ob der neue Durchgangsbahnhof um wenigstens 30 Prozent leistungsfähiger sein wird als der jetzige Kopfbahnhof. Konkret soll der Tiefbahnhof in der Lage sein, in der Spitzenzeit 49 Züge pro Stunde abzufertigen. Dies Prämisse wurde von den Projektgegnern zwischenzeitlich aber infrage gestellt. Der Leistungstest wurde auf Vorschlag des Schlichters Heiner Geißler von der Bahn erarbeitet und vom Schweizer Ingenieursbüro SMA überprüft. Geißler bescheinigte der Bahn und SMA eine hohe Professionalität. Der Test verlief offiziell erfolgreich.

„Schönwetterbetrieb mit leichten Störungen“

Die Sprecherin des Aktionsbündnisses, Brigitte Dahlbender, kritisierte jedoch, untersucht worden sei lediglich ein „Schönwetterbetrieb mit leichten Störungen“. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) warf SMA sogar Befangenheit vor. Die Bahn habe jüngst einen Großauftrag für ein von „Stuttgart 21“ unabhängiges Fahrplanungssystem ausgeschrieben, auf den sich das Schweizer Ingenieursbüro SMA bewerben wolle. „Da gibt es einen Zielkonflikt“, sagte Palmer. Geißler wies die Vorwürfe zurück. Palmer stelle Behauptungen auf, ohne diese zu belegen.

Die Deutsche Bahn wies Vorhaltungen zurück, sich nicht an Absprachen gehalten zu haben. Bahnvorstand Volker Kefer sagte, das Vorgehen sei einvernehmlich in der Schlichtung vereinbart worden. Er kritisierte die Debatte über die Frage, ob 49 abzuwickelnde Züge „die richtige Zahl“ sei. Diese Diskussion sei erst aufgekommen, als das Ergebnis des Testats bereits vorgelegen habe. Kefer wies außerdem den Vorwurf zurück, nur durch eine Reduktion der Zug-Haltezeiten im Bahnhof auf eine minimale Dauer von zwei Minuten sei der Erfolg der Simulation möglich gewesen. Vielmehr hielten in der Simulation die Züge durchschnittlich etwa fünf Minuten.

Der frühere Vorsteher des Stuttgarter Hauptbahnhofs und Gegner von „Stuttgart 21“, Egon Hopfenzitz, wies darauf hin, dass die „praktische Höchstleistung des Kopfbahnhofs“ derzeit bei 54 Zügen liege und somit das Potenzial des Tiefbahnhofs übertreffe. Die Vertreter der Bahn wiesen auch dieses Argument zurück. Der Platz im Bahnhof dürfe nicht isoliert betrachtet werden. Berücksichtigt werden müssten auch die Gleisstrecken, auf denen die Züge den Bahnhof erreichen und verlassen. Im Projekt „Stuttgart 21“ sind Veränderungen an diesen sogenannten Zulaufstrecken vorgesehen. (dapd)