Essen. . Der Ton wird schärfer zwischen Zeitungsverlegern und öffentlich-rechtlichen Sendern. Deren Gratisangebote im Internet seien „presseähnlich“ und machten den Markt kaputt, kritisiert der Vorsitzende des NRW-Zeitungsverlegerverbands und WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus.

Christian Nienhaus spricht vom „Staatsrundfunk“, wenn er die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF meint. Deren kostenlose Nachrichtenangebote im Internet machen nach Ansicht von Nienhaus, Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe und Vorsitzender des Zeitungsverlegerverbands NRW, den Markt für die Verlage kaputt. Das sei skandalös und illegal, sagte Nienhaus (51) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa im Vorfeld des Medienforums NRW, das am Montag beginnt.

Meinen Sie tatsächlich, dass es Leute gibt, die ihre Zeitung abbestellen, weil sie die Angebote der Öffentlich-Rechtlichen im Internet für eine Alternative halten?

Christian Nienhaus: Es ist ein Unding, dass ein Sektor für sich in Anspruch nimmt, mit einer Mediengebühr, die staatlich verordnet und damit quasi eine Steuer ist, das Internet kostenlos zu bespielen. Das ist nach meiner Überzeugung nicht nur medienpolitisch völlig grotesk, sondern auch wettbewerbsrechtlich nicht legal.

Aber noch einmal aus Sicht der Verbraucher gefragt: Verzichtet jemand auf das Angebot seiner Zeitung, weil es im Internet ARD und ZDF gibt?

Nienhaus: Es ist doch ganz klar: Sie sitzen im In- oder Ausland und wollen sich darüber informieren, was in Deutschland und in Ihrer Region los ist. Da sind die öffentlich-rechtlichen Online-Angebote selbstverständlich eine Konkurrenz zu unseren Internetportalen und Apps. Der öffentliche Staatsrundfunk hat angefangen, für das Internet Texte in großer Zahl zu schreiben. Wenn Sie sich „tagesschau.de“ oder die „tagesschau-App“ mal anschauen, da sind ganz viele Texte drin. Hier geht der öffentlich-rechtliche Rundfunk hin und macht sozusagen eine Zeitung, obwohl die Presseähnlichkeit ausdrücklich verboten ist. Es geht uns nicht um die Konkurrenz. Zeitung machen können wir im Zweifel besser. Es geht hier darum, dass jemand steuerfinanziert - die neue Mediengebühr ist als Steuer zu klassifizieren - kostenlos Inhalte anbietet und damit unsere Märkte kaputtmacht. Und das finden wir politisch skandalös und illegal.

Angenommen, Sie hätten Erfolg, und all das, was Sie als presseähnlich kritisieren, würde verschwinden aus dem Internetangebot von ARD und ZDF - würde Ihnen das helfen, Abonnenten zu halten oder neue zu gewinnen?

Nienhaus: Es würde das Geschäftsmodell möglich machen, dass wir auch online für die journalistischen Inhalte, die über das Internet angeboten werden, Geld nehmen könnten. Was heute nur eingeschränkt möglich ist.

Andererseits gibt es den Vorwurf, dass Sie das Geschäftsmodell Abo-Zeitung selbst beschädigen, indem Sie Ihre Inhalte gleichzeitig kostenlos online stellen. Machen Sie sich nicht selbst mehr Konkurrenz als ARD und ZDF Ihnen Konkurrenz machen?

Nienhaus: Dieser Vorwurf ist absurd. Sie können ja nicht von uns Zeitungsverlegern erwarten, dass wir überhaupt nichts online stellen. Da kommen Sie ja an die jüngeren Leute überhaupt nicht mehr heran, und an die Leute, die auf Reisen sind, auch nicht. Die Frage ist, wie viel Geld man für Online-Angebote nehmen kann. Und es ist doch bezeichnend, dass, als die ersten Verlage Apps für mobile Endgeräte auf den Markt brachten, plötzlich die Ankündigung kam, dass „tagesschau.de“ als App kostenfrei zu haben ist.

Sie haben im Mai angekündigt, dass Sie rechtliche Schritte prüfen sowohl gegen den Dreistufentest für die Internetangebote von ARD und ZDF als auch gegen - aus Ihrer Sicht - presseähnliche Inhalte in deren Internetauftritten. Wird es nun rechtliche Schritte geben?

Nienhaus: Wir prüfen alle rechtlichen Möglichkeiten. Ich bin zuversichtlich, dass es nach dieser Prüfung zu vernünftigen Gegenmaßnahmen kommt. (dpa)

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