Athen. Bei Demonstrationen zehntausender Griechen gegen die Sparmaßnahmen des Landes hat es zehn Verletzte gegeben. Ob es weitere Hilfen der EU geben wird, ist noch unsicher, die Finanzminister konnten sich bislang nicht einigen.

Nach Massenprotesten in Griechenland gegen den drakonischen Sparkurs der Regierung hat der griechische Regierungschef Giorgios Papandreou nach Medienberichten seinen Rücktritt angeboten. Damit wolle der Ministerpräsident die Bildung einer Einheitsregierung vereinfachen, berichtete das griechische Staatsfernsehen am Mittwoch. Zuvor hatte die griechische Oppositionspartei Nea Dimokratia Kreisen zufolge den Rücktritt von Regierungschef Giorgos Papandreou gefordert. Papandreou solle einem Nachfolger Platz machen, der allgemein akzeptiert sei, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch aus Kreisen der konservativen Oppositionspartei. Gleichzeitig gab es am Mittwoch offenbar Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition über eine mögliche Machtteilung. Der sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou traf sich am Mittwoch mit dem konservativen Oppositionsführer Antonis Samaras zu einem Gespräch über die mögliche Bildung einer großen Koalition, wie der staatliche Fernsehsender NET berichtete.

In der griechischen Hauptstadt Athen sind am Mittwoch Massenproteste gegen die Sparpolitik der Regierung eskaliert. Nach Ausschreitungen von vorwiegend jungen Demonstranten versuchte die Polizei mit massivem Tränengaseinsatz vergeblich, den Platz vor dem Parlament zu räumen, wo am Nachmittag die Beratungen über ein neues Sparprogramm beginnen sollten. Rund ein dutzend Menschen wurde verletzt, darunter auch mehrere Polizisten.

Massiver Einsatz von Tränengas

Begleitet wurden die Proteste von massiven Streiks. Busse und Bahnen fahren nicht, Krankenhäuser erhalten nur einen Notdienst aufrecht, Rundfunk- und Fernsehsendungen fallen aus. Der Flugverkehr ist von dem Streik allerdings nicht betroffen. Die Fluglotsen hatten ihre Teilnahme abgesagt. An den Protestkundgebungen in Athen beteiligten sich nach Angaben der Polizei rund 20 000 Menschen, die Medien sprachen von rund 40 000 Demonstranten. In Thessaloniki im Norden des Landes gingen den Behörden zufolge weitere 20 000 Menschen auf die Straße.

Vor dem Parlament und dem Präsidentenpalast in Athen hatte die Polizei Zäune und Begrenzungen errichtet, um den Politikern ungehinderten Zugang zu den Gebäuden zu sichern. Mehrere Straßen waren abgeriegelt. Als Demonstranten versuchten, die Absperrungen zu durchbrechen, setzte die Polizei Tränengas ein, um die Menge zu vertreiben. Trotz des beißenden Rauchs und Tränengases harrten die Menschen auf Bitten der "Empörten Bürger", einer seit Wochen vor dem Parlament demonstrierenden Protestgruppe, weiter aus. Jugendliche hatten zuvor die Polizisten mit Steinen und Brandsätzen beworfen, mindestens zwei Beamte wurden dabei schwer verletzt, wie ein Polizeisprecher mitteilte.

1100 Euro im Monat nach 25 Berufsjahren

„Diebe, Verräter“, skandieren Demonstranten vor dem Abgeordnetenhaus. „Ich bin wütend und angewidert“, sagt die 45-jährige Staatsangestellte Maria Georgila. „Das sind sehr harte Maßnahmen, und sie werden uns nicht aus der Krise führen. Ich glaube nicht, dass sie keine Alternative haben.“ "Was sollen wir machen?", sagte die Krankenschwester Dimitra Nteli, die mit ihrer Tochter an der Demonstration teilnahm. "Wir müssen kämpfen, für unsere Kinder und für uns. Ich verdiene nach 25 Berufsjahren 1100 Euro im Monat. Jetzt wird mein Gehalt auf 900 Euro fallen. Wie sollen wir davon leben?"

Die umstrittenen Pläne von Ministerpräsident Giorgos Papandreou sehen zusätzliche Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen vor, um den Haushalt um weitere 6,5 Milliarden Euro zu entlasten. Auf starken Widerstand stößt auch die Privatisierung von Staatsbetrieben, die 50 Milliarden Euro einbringen soll. Das gesamte Sparpaket über 28 Milliarden Euro für die Jahre 2012 bis 2015 noch in diesem Monat durch das Parlament bringen, um weitere Finanzhilfen zu bekommen.

Die Parlamentsmehrheit ist unsicher

Doch der sozialistische Ministerpräsident bekommt auch Gegenwind aus den eigenen Reihen. Aus Protest gegen die Pläne erklärte ein Abgeordneter am Dienstag seinen Austritt aus der Fraktion. Damit bleibt der Regierungspartei Pasok mit 155 Mandaten noch eine Mehrheit von fünf Sitzen. Allerdings drohte bereits ein weiterer Abgeordneter an, die Sparpläne abzulehnen.

Ein neues Rettungspaket für Griechenland bleibt unterdessen in der Schwebe. Die EU-Finanzminister konnten in Gesprächen am Dienstagabend in Brüssel kein Ergebnis erzielen. Ein weiteres Sondertreffen berief Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker für Sonntag und Montag in seiner Heimat Luxemburg ein. Knackpunkt ist eine Beteiligung der Finanzwirtschaft an weiteren Hilfen.

Schäuble will private Gläubiger einbeziehen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will unter keinen Umständen von seiner Forderung nach einer Beteiligung privater Gläubiger an weiteren Hilfen für Griechenland abrücken. „Das ist eine Bedingung, auf die wir unter keinen Umständen verzichten können“, sagte Schäuble der „Super Illu“. Wenn Griechenland das seine tue, um seine Gesundung voranzutreiben, und wenn private Gläubiger sich auch daran beteiligen - „und auch nur dann - sollten wir den Griechen helfen“, sagte Schäuble.

Auch die österreichische Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) sprach sich für einen geordneten Schuldenabbau aus. Österreich werde an weiteren Griechenland-Hilfen nur dann mitwirken, wenn gesichert sei, dass die Alpenrepublik das Geld auch wieder zurückbekomme – „auch wenn es etwas länger dauert“.

Die Ratingagentur Moody’s prüft unterdessen die Herabstufung von drei französischen Banken wegen der Risiken aus einer möglichen Staatspleite Griechenlands. Die Ratingagentur teilte am Mittwoch in Paris mit, die Prüfung betreffe die Crédit Agricole, die BNP Paribas sowie die Société Générale. (dapd, rtr)