Schwaan. .
Zur Frauenfußball-WM zeigt eine Textildarm-Firma, dass Wurst durchaus Format haben kann. Hier entstehen Hüllen in Form von Fußballschuhen, Pfeifen oder Trikots, die später mit Salami oder Leberwurst gefüllt werden.
Für den Fußballschuh braucht die versierte Näherin Marina Müller nur Sekunden. Die 53-Jährige hebt den Fuß ihrer Nähmaschine an, schiebt zwei deckungsgleiche Stückchen Stoff darunter und lässt die Spezialmaschine losrattern. Fertig ist der Textildarm, der - später mit Wurst gefüllt - die Form eines Töppen hat. Bestellt wurden die Fußballschuh-Hüllen bei der Schwaaner Textildarmfirma Texda GmbHn von einem Lebensmittelhersteller aus Süddeutschland.
Das Mecklenburger Unternehmen gehört zu den größten Herstellern von Textildärmen, wie Texda-Geschäftsführer Bernd-Adolf Lang sagt. 85 Millionen Wursthüllen werden jährlich gefertigt. Gegenwärtig dreht sich nahezu alles um die zum Monatsende beginnende Frauen-Fußballweltmeisterschaft in Deutschland. „Wir ziehen Würste an“, sagt Lang. Je nach Kundenwunsch entstehen Hüllen in Form und Farbe schwarz-rot-goldener Fußballschule, rasengrüner Glücksschweine, schwarzer Pfeifen bis hin zu Trikots in den Landesfarben der 16 teilnehmenden Nationen. Vor allem aber entstehen Ball-Hüllen, in die etwa Salami oder Leberwurst gepresst wird.
Alle Formen und Modelle möglich
Chefdesigner Martin Wolf hat sich die möglichen Formen ausgedacht und die Vorlagen für die Näherinnen erarbeitet. Dabei werde auch immer wieder auf spezielle Kundenwünsche reagiert. „Uns sind keine Grenzen gesetzt. Mit unseren textilen Stoffen sind alle Formen und Modelle möglich. Was sich nicht mit der Maschine nähen lässt, wird mit Hilfe von Metallformen ausgestanzt“, sagt Wolf.
Gewebt wird das textile Verpackungsmaterial aus Baumwolle in China. Von dort gelangen die zu dicken Rollen gewickelten weißen Stoffe nach Deutschland. Hier werden sie nach einem speziellen Verfahren in Landau in der Pfalz gründlich gereinigt, um dann weiter in die Produktionsstätte nach Schwaan geliefert zu werden.
Grundsätzlich könnten aus den Stoffen auch Hosen und Kleider genäht werden. „Aber wenn später darin Lebensmittel verpackt werden sollen, dann bedarf es doch noch einiger zusätzlicher Aufwendungen“, sagt der Schwaaner Betriebsleiter Holger Schlange. So muss der Stoff elastisch sein, schließlich darf nichts platzen, wenn später mit hohem Druck in die außergewöhnlichen Formen gepresst wird. „Mit Kunstdärmen würde man das alles nicht hinbekommen“, sagt Schlange. Auch farblich habe man mit Textildärmen wesentlich mehr Möglichkeiten.
Nachfrage nach Textildärmen stetig gestiegen
Die Nachfrage nach den ausgefallenen Schwaaner Textildärmen ist seit der Firmengründung vor 20 Jahren ständig gestiegen. Kunden gibt es inzwischen auf nahezu allen Kontinenten. Um der aktuellen Nachfrage zur Fußball-WM gerecht zu werden, müsse in dem 130 Mitarbeiter zählenden Betrieb in drei Schichten gearbeitet werden, sagt Schlange. „Gern würde ich noch Leute einstellen. Aber es fehlt einfach an qualifiziertem Nachwuchs. Schon seit Jahren ist Textilnäherin kein Ausbildungsberuf mehr in Deutschland“, erklärt der Firmenchef. Fast alle seiner Näherinnen hatten ihren Beruf einst bei der Rostocker Jugendmode oder auch bei den Güstrower Kleiderwerken gelernt. Nach der Schließung der Unternehmen unmittelbar nach der Wende kam für sie die Schwaaner Firmengründung im April 1991 wie gerufen.
Die Aufträge zur Fußballweltmeisterschaft sind derweil fast alle abgearbeitet. Ob am Ende die schwarz-rot-gold verpackte Wurst die wahrhaft weltmeisterliche ist, das entscheidet sich spätestens am 17. Juli beim WM-Finale in der Arena in Frankfurt. „Wir drücken natürlich unseren Frauen die Daumen. Immerhin sind wir Titelverteidiger“, sagt Marina Müller. Betriebschef Schlange will die Spiele mit seinen Frauen verfolgen. „Wann immer Deutschland spielt, wir werden es so einrichten. Die Zeit muss einfach sein“, sagt Schlange. (dapd)