Münster. .

Es ist nur ein erster, aber ein wichtiger Schritt: Ein Team um den Hygiene-Experten Professor Helge Karch am Uniklinikum Münster (UKM) hat den genauen Ehec-Erreger, der für den Ausbruch der gefährlichen Darminfektionen verantwortlich ist, identifiziert – und einen Schnelltest entwickelt, um den Keim nachzuweisen. HUSEC 041: fünf Buchstaben und drei Ziffern. Ein Code, der im Extremfall über Leben und Tod entscheidet.

Es beginnt mit anhaltenden blutigen Durchfällen. Stellt sich beim Patienten schnell ein schweres Krankheitsgefühl ein, wird die Situation bedrohlich. Lebensbedrohlich. Die Laborwerte der Betroffenen zeigen: Die roten Blutkörperchen und Blutplättchen zerfallen zu Brei. Die Nieren versagen ihren Dienst. Krämpfe und Wortfindungsstörungen – „neurologische Ausfälle“, wie die Mediziner sagen – sind sichere Zeichen für den rasanten Verfall der Lebensfunktionen. Eine Infektion mit Ehec, erst Recht mit dem jetzt identifizierten Super-Keim HUSEC 041, ist „eine potenziell tödlich verlaufende Erkrankung“, urteilt Professor Hermann Pavenstädt, Nierenspezialist und ärztlicher Direktor am UKM, im Gespräch mit der Westfälischen Rundschau.

Deshalb sei es so enorm wichtig, den Erreger möglichst frühzeitig festzustellen und mit der Behandlung beginnen zu können. Mit Hilfe des Schnelltests seines Kollegen Karch geht das jetzt.

Antikörpertherapie als letzter Ausweg

Die Patienten bekommen dann eine Blutwäsche (Dialyse), um den Körper zu unterstützen. Bei schweren Verläufen tauschen die Ärzte maschinell einen Teil der festen Blutbestandteile des Patienten, das Plasma, aus, um so „die vom Erreger produzierten Giftstoffe“ aus dem Körper herauszufiltern, beschreibt Pavenstädt das Vorgehen. Mit dieser Methode werden aktuell alle 16 Ehec-Patienten im UKM behandelt. Stellt sich keine Besserung ein, wenden die Münsteraner Mediziner eine Antikörpertherapie als letzten Ausweg an. Mit ungewissem Erfolg.

„Der Erreger hat sich verändert: Er ist aggressiver geworden und sorgt für einen viel schweren Verlauf der Erkrankung“, ordnet der Nierenspezialist die Mutation HUSEC 041 ein. Das zeige sich daran, dass auch Menschen am schweren Verlauf – dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) – erkrankten, „die vorher kerngesund waren“.

Chancen zu überleben stünden gut

Dennoch: Die Chancen, zu überleben, stünden selbst bei HUS bei „70 bis 80 Prozent“. Höher liege die Sterblichkeitsrate bei Patienten, die von neurologischen Ausfällen betroffen sind. Nach einer Studie aus den USA seien dort von 52 Patienten 9 verstorben, so der Nierenspezialist.

Pavenstädt stellt sich dennoch in die Reihe der Experten, die vor Panik warnen: „Jeder kann sich vor der Erkrankung schützen!“ Der Mediziner rät zum Einhalten einfacher Hygieneregeln: gründliches Händewaschen, in jedem Fall vorm Essen und nach dem Toilettengang. Gemüse weiterhin nur gekocht und nicht roh verzehren; Tomaten nicht nur gründlich waschen, sondern auch zusätzlich schälen.

Eine Prognose, wie die Ehec-Welle weitergeht, wagt der Mediziner nicht. „Das wäre reine Spekulation.“ Nur soviel sagt er: „Die Menschen sind vorsichtiger geworden. Wenn dadurch die Übertragungskette abbricht, wäre das gut“. Das Wichtigste aber bleibe, die Quelle der Infektionen zu finden. Der Weg dahin kann noch lang sein.