Duisburg. . Ein Organisationsproblem bei der Polizei könnte mit dafür gesorgt haben, dass es bei der Loveparade am 24. Juli 2010 zur Katastrophe kam. Das geht laut einem Medienbericht aus Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft hervor.
Rund zehn Monate nach der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten und mehr als 500 Verletzten am 24. Juli 2010 in Duisburg gibt es offenbar neue Vorwürfe gegen die Polizei. Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ am Sonntag vorab berichtete, soll die Polizeiführung bei der Loveparade gravierende Fehler gemacht haben. Das gehe aus einem mehr als 400 Seiten starken Bericht der Staatsanwaltschaft Duisburg vom Januar 2011 hervor, schrieb das Magazin.
Den Ermittlungen zufolge waren im Zugangsbereich des Partygeländes, wo Zehntausende Besucher durch einen engen Tunnel laufen mussten, lediglich zwei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei zur Sicherung eingeplant, die sich am Nachmittag der Technofeier ablösen mussten. Dieser – ursprünglich nicht vorgesehene – Schichtwechsel war dem Bericht zufolge notwendig geworden, nachdem das NRW-Innenministerium wenige Wochen vor der Loveparade per Erlass bestimmt hatte, die Dienstzeit der eingesetzten Beamten auf maximal zwölf Stunden zu begrenzen.
Sorgte Schichtwechsel für Eskalation?
Die Änderung des Einsatzbefehls sorgte den Angaben zufolge polizeiintern für scharfe Kritik. Aus Aktenvermerken gehe hervor, dass vor der Loveparade wiederholt vor den Konsequenzen eines Schichtwechsels gewarnt wurde, berichtete der „Spiegel“. Genau diese Probleme traten später auch ein. Bereits während des Schichtwechsels sei die Lage im Zugangsbereich eskaliert. Erst mehr als eine Stunde später habe die Polizei den ungebremsten Zulauf in den Tunnel gestoppt, der letztlich zu der tödlichen Massenpanik führte.
Zudem soll die Polizei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge größere Kommunikationsprobleme als bislang bekannt gehabt haben. Immer wieder, so erklärten Beamte bei Vernehmungen, seien am Tag der Loveparade ihre Funkgeräte ausgefallen. Auch mit dem Handynetz habe es große Probleme gegeben.
"Wir wollen Klarheit über die Ursachen"
Das NRW-Innenministerium wollte sich gegenüber dem „Spiegel“ nicht zu den Vorwürfen äußern, „um den Erfolg des laufenden Ermittlungsverfahrens nicht zu gefährden“, wie ein Sprecher erklärte. Gegenüber DerWesten erklärte ein Sprecher am Sonntag: „Die Opfer und Angehörigen wollen Klarheit über die Ursachen der Katastrophe bei der Loveparade. Das wollen wir auch. Deshalb unterstützen wir die Staatsanwaltschaft in vollem Umfang bei ihren Ermittlungen“. NRW-Innenminister Jäger gehe es vor allem darum, zukünftig solche lebensgefährlichen Situationen wie bei der Loveparade weit im Vorfeld zu vermeiden. „Ohne Zustimmung der Polizei darf es keine Großveranstaltungen mehr geben“, betonte der Sprecher.
Die Staatsanwaltschaft Duisburg machte zu dem Bericht auf Anfrage keine Angaben. Bereits im Januar war über Probleme beim Polizeieinsatz berichtet worden. Damals ging es um einen umstrittenen Befehl eines leitenden Beamten an einer Sicherheitsschleuse im Zugangsbereich. (dapd/WE)