Bonn. . Nach der Familientragödie in einem Waldstück bei Bonn steht wieder das Jugendamt in der Schusslinie. Doch die Mitarbeiter bestreiten die Vorwürfe. Sie wussten demnach nichts davon, dass der Vater eine Gefahr für seinen dreijährigen Sohn war.
Vor der blutigen Familientragödie von Hennef, bei der ein Vater mit Kettensägen zunächst seinen dreijährigen Sohn und dann sich selbst tötete, hatten Jugendamts-Mitarbeiter nach eigenem Bekunden keine Kenntnis von angeblichen Drohungen des Vaters. Dies geht aus einem Bericht des Kreisjugendamtes hervor, den der Rhein-Sieg-Kreis am Freitag in Siegburg veröffentlichte.
In dem Bericht heißt es dazu, aus Sicht des Amtes hätten keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls vorgelegen. Beide Elternteile seien vielmehr bereit gewesen, „Hilfe in Anspruch zu nehmen und hatten ihren Sohn im Blick“. Im Fall der Familie war das Kreisjugendamt demnach nicht wegen Kindeswohlgefährdung oder eines Sorgerechtsstreits beteiligt, sondern im Rahmen einer sozialpädagogischen Familienhilfe, die auch geleistet worden sei. „Die Mitarbeiter der Kreisjugendamts erklären, dass sie von Bedrohungen seitens des Vaters keine Kenntnis hatten“, schrieb die Amtsleiterin.
Keine dritte Person beteiligt
Die Obduktion der beiden Toten ist inzwischen abgeschlossen. Wie erwartet hätten sich dabei keine Anhaltspunkte auf eine dritte tatbeteiligte Person gefunden, sagte der Oberstaatsanwalt Robin Faßbender am Freitag auf dapd-Anfrage. Ein 24-jähriger Mann aus Linz (Rheinland-Pfalz) soll am Mittwoch zuerst seinen dreijährigen Sohn und dann sich selbst mit zwei Kettensägen in dem Tal im Rhein-Sieg-Kreis getötet haben.
Zum Stand der Vernehmungen zweier Mitarbeiter des Jugendamts des Rhein-Sieg-Kreises wollte Faßbender sich nicht äußern. Die Mutter des getöteten Jungen hatte angegeben, ihr in Scheidung lebender Ehemann habe sie und den gemeinsamen Sohn mit dem Tode bedroht. Das will sie vor etwa zwei Wochen auch den zuständigen Mitarbeitern des Jugendamts gesagt haben.
Gegen das Jugendamt wird auch im Fall des ertrunkenen Pflegekinds Anna ermittelt
Bislang bestünde nur ein Anfangsverdacht gegen die Mitarbeiter des Jugendamts, so Faßbender. Erst wenn die Staatsanwaltschaft tatsächlich ein Ermittlungsverfahren einleite, werde man weitere Details bekanntgeben. Zudem dauere die Auswertung der im Jugendamt beschlagnahmten Akten zum Fall des getöteten Jungen noch an.
Inzwischen wurden jedoch neue Vorwürfe gegen das Jugendamt der Stadt Königswinter bei Bonn laut. Wie der Bonner "Express" berichtete, wurde in Königswinter ein Ehepaar wegen Kindesmisshandlung in Untersuchungshaft genommen. Das Jugendamt soll seit Januar von dem Vorwurf gegen die Eltern gewusst haben und nicht eingeschritten sein.
Eine Sprecherin der Stadt wies die Vorwürfe am Freitag zurück. Vielmehr habe die Behörde in dem Fall eng mit der Polizei, dem Amtsgericht und sonstigen Behörden und Personen zum Wohle der Kinder zusammengearbeitet und ist zu keiner Zeit untätig geblieben. Gegen das Jugendamt wird derzeit auch wegen des Todes des Pflegekinds Annas ermittelt, das in seiner Pflegefamilie systematisch misshandelt worden sein soll und dann in der Badewanne ertrank. Hier hatte die für den Fall Anna zuständige Sachgebietsleiterin Aktenteile vernichtet. (afp/dapd)