Dortmund. . Heute ist Frühlingsanfang. Das Frühjahr - es riecht anders, klingt anders und fühlt sich sogar anders an. Im menschlichen Körper setzt die blühenden Jahreszeit Hormone für gute Laune frei. Aber unsere ’innere Uhr’ hat die Jahreszeit längst erkannt.
Hurra, jetzt fängt das Leben wieder an. Die Tage werden länger, wärmer, heller. Es blüht, duftet und zwitschert wieder. Aufbruchstimmung. Wintermäntel verschwinden samt Trägheit in der hintersten Ecke des Kleiderschranks. Pärchen treibt es an die frische Luft, Singles in den nächsten Flirt – die Leichtigkeit des Seins ist allgegenwärtig. Frühlingsgefühle nennt man dieses Phänomen landläufig. Heute ist offizieller Frühlingsbeginn. Ein Zufall? Unsere „innere Uhr“ hat die neue Jahreszeit längst erkannt. Nur: Ist es der Duft, das Licht, das Herz oder doch das Zwitschern, die dieses Gefühl hervorrufen? Experten geben Antworten.
Das bewirkt der Frühling
Frühlingsgefühle – ein Mythos? „Kann es ein Mythos sein, wenn sich Millionen von Menschen zu dieser Zeit besser fühlen?“, antwortet Prof. Dr. Till Roenneberg, einer der renommiertesten Chronobiologen in Deutschland. Niemand könne sich der „inneren Uhr“ entziehen, „auch wenn wir das oft glauben“ – nicht Mensch, nicht Tier, nicht Pflanze
Der Impulsgeber ist hierbei das Licht, oder vielmehr die Tageslänge. „Das zunehmende Licht hat einen großen Einfluss auf unser Gehirn“, erklärt Roenneberg. Vereinfacht heißt das: Durch das Licht wird das Hormon Melatonin unterdrückt. Ein Müdigkeits-Hormon. Der Mensch produziert es nämlich vor allem nachts und in der dunkleren Jahreshälfte. Zugleich werden Dopamin und Serotonin, zwei Gute-Laune-Hormone, aktiviert. „Am 21. März sind der Tag und die Nacht exakt gleich lang, also genau zwölf Stunden – und das auf der ganzen Welt. Das ist ein sehr starkes Signal für unseren Körper“, sagt Roenneberg.
Früher wurden zu Frühlingsbeginn sogar mehr Babys gezeugt. Doch die aktuellen Geburtenraten zeigen deutlich: Weihnachtszeit ist Kuschelzeit. Der Flirtfaktor steigt im Frühling trotzdem spürbar, messbar ist er jedoch nicht. Wenn die Haut brauner und die Hosen kürzer werden, liegt Liebe in der Luft. „Ein brauner Teint steht für Gesundheit. Und gesunde Menschen sind für die Paarung eben deutlich interessanter“, so Roenneberg.
So riecht der Frühling
Krokusse, Veilchen und Schneeglöckchen färben die Wiesen bunt. Der Frühling ist sichtbar. Aber auch riechbar. „Die Erde, das Moos, der Boden geben ganz spezielle Duftmischungen ab, wenn die ersten Sonnenstrahlen sie nach dem Frost erwärmen. Dieser Geruch ist im Kopf aus der Erfahrung früherer Jahre bereits als Frühlingsduft abgespeichert“, erklärt der Bochumer Geruchsforscher Professor Hanns Hatt. Ein Geruch sei immer mit Erinnerungen verbunden und habe eine Bewertung – entweder positiv oder negativ. „Und Frühlingsdüfte sind für alle, die Wärme lieben, positiv besetzt“, sagt Hatt. Flieder, Hyazinthen und später Maiglöckchen sind besonders geruchsintensiv. „Wenn dann noch die Kirschbäume zu blühen beginnen, kommt eine ganze Palette von Gerüchen dazu“, sagt Hatt. Nur eine Spezies dürfte die Gerüche skeptisch wahrnehmen: die Allergiker. Denn, wo der Frühlingsduft nahe, sind die Pollen nicht weit.
So klingt der Frühling
Auch Tiere haben eine „innere Uhr“, einen Rhythmus. Das ist, gerade in diesen Tagen, unüberhörbar: Wenn der Specht trommelt, der Buchfink singt und die Amsel wehmütig flötet, dann ist er da, der Frühling. Auch sie orientieren sich an der Tageslänge. „Das ist wie bei einem Orchester, in das nach und nach mehr Instrumente einstimmen. Die letzten Zugvögel kommen im Mai dazu“, sagt Dr. Joachim Weiss, Ornithologe bei der Landesanstalt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. Schon Beethoven und Mozart ließen sich vom Vogelgezwitscher inspirieren. Noch heute gilt der Gesang am frühen Morgen als Wohlklang – warum eigentlich? „Weil es die Boten des Frühlings sind – und weil sie unser Musikempfinden ansprechen“, sagt Weiss.
Dass Vögel nicht den Menschen zuliebe singen, dürfte nicht zu den Enthüllung dieses Frühlings gehören. „Vögel markieren mit ihrem Gezwitscher ihre Reviere und locken Weibchen an“, sagt Weiss. Salopp gesagt: Männer, macht euch vom Acker. Weibchen, ich bin zu allem bereit.
Frühling eben.