Berlin. .

Das Buch war fertig und Eckart Lohse saß am Klavier, als ihn die Eil-Meldung vom Raubkopierer Dr. zu Googleberg erreichte. Für einen kurzen Moment muss sich der langjährige Redakteur der FAZ um den Lohn monatelanger Arbeit gebracht gefühlt haben. Über 400 Seiten, faktenreich recherchiert und geistreich geschrieben, über den Polit-Zampano der Stunde - alles für den Mülleimer? Von wegen.

Wer die erste ernst zu nehmende Biographie über Karl-Theodor zu Guttenberg liest, die Lohse gemeinsam mit seinem FAZ-Kollegen Markus Wehner verfasst hat, findet in der frisch erschienenen Erstauflage zwangsläufig nichts über abgeschriebene Doktorarbeiten, aber doch so manche Spur dahin.

Werdegang „gepimpt“

Die Autoren enttarnen die Erfolgsmasche Guttenbergs, dem sie mit kritischem Respekt begegnen, als aufwendig inszenierte „Souveränitäts-Show“. Sie weisen nach, dass der 39-Jährige seinen Werdegang „gepimpt“ hat. Lose Praktika wurden im Lebenslauf zu regelmäßigen Tätigkeiten und wichtigen Stationen umgewidmet; und manches mehr.

Das Autorengespann zeigt, dass es mit der Substanz in vielen Guttenberg-Sätzen so ist wie mit dem Eiswürfel in der Mittagshitze. Dass Guttenberg, der vom Eintritt in die CSU bis in den Bundestag nur drei Jahre brauchte (1999 bis 2002) , bei seiner politischen Initiation in der Opel-Geschichte als Wirtschaftsminister auf fachlich dünnem Eis stand, ahnte man, hat es aber so erhellend noch nie gelesen. Guttenberg - ein politischer Houdini?

Lob von Joschka Fischer für die Biographie

Reaktionen auf Guttenbergs Rücktritt

weitere Videos

    Auf jeden Fall ein selbst ernannter Quereinsteiger, der, wenn es eng wird, dann doch wie alle anderen bequem den Haupteingang nimmt. Dass der Mann über dem Durchschnitt anzusiedelnde Begabungen besitzt, dass er dank Herkunft, phänotypisch glücklicher Fügung und medial hübsch verwertbarer Ehe in Teilen des Volkes verschüttete Kennedy- wenn nicht Königsfamiliengelüste auslöst, stellen Lohse und Wehner bei allem nicht in Abrede.

    Alt-Außenminister Joschka Fischer hat die Biographie heftig gelobt, sie mache „einen klüger, was das Rätsel Guttenberg betrifft“. Das stimmt. In der nächsten Auflage soll das Kapitel um die Doktorarbeit des Jahrzehnts samt Folgen eingepflegt werden. Vielleicht wird man dann noch klüger.

    Eckhard Lohse, Markus Wehner, „Guttenberg“, 416 Seiten mit Fotos, Droemer Verlag, 19,99 Euro.