Düsseldorf. . Ab dem kommenden Wintersemester müssen Studierende in NRW keine Studiengebühren mehr bezahlen. Das hat der Landtag NRW am Donnerstag beschlossen. Die Opposition im Landtag kritisierte, das Ende der Gebühren sei „eine Katastrophe“.

Nordrhein-Westfalen schafft die Studiengebühren an den Hochschulen zum Wintersemester 2011/2012 ab. Dies beschloss der Düsseldorfer Landtag am Donnerstag mit der Mehrheit von SPD, Grünen und Linken. CDU und FDP stimmten gegen das rot-grüne Gesetz.

Das Ende der Uni-Gebühren im bevölkerungsreichsten Bundesland ist der bislang wohl größte politische Erfolg der Minderheitsregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Damit gibt es nur noch in Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg und Niedersachsen Studiengebühren. In NRW hatten die meisten Hochschulen von den Studenten bisher 1000 Euro pro Jahr kassiert.

Ende der Studiengebühren

Karl Krumland (25) studiert BWL. Er findet Studiengebühren gut:
Karl Krumland (25) studiert BWL. Er findet Studiengebühren gut: "Bildung muss ihren Preis haben, sonst kann man sie nicht wertschätzen. Die Mittel sollten vom Staat und von uns kommen. Wichtig ist, dass sie transparent eingesetzt werden." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Elke Schlangen (24) studiert Mathe, Sowi und Religion auf Lehramt.
Elke Schlangen (24) studiert Mathe, Sowi und Religion auf Lehramt. "Ich kann das Studium jetzt wieder gelassener angehen. Als ich arbeiten musste, um mir mein Studium finanzieren zu können, stand ich sehr unter Druck." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"1000 Euro pro Jahr sind schwer zusammenzukriegen. Die Abschaffung bedeutet eine große Erleichterung. Ich sehe auch nicht, wo das Geld hingeflossen sein soll." Uwe Jendroska (21) studiert Mathe, Geschichte und BWL auf Lehramt. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Sabine Kriegel (51):
Sabine Kriegel (51): "Als Mutter bin natürlich froh, weil ich meine Tochter voll finanzieren musste. Als Mitarbeiterin hier an der Uni denke ich, dass eine ganze Menge Geld fehlen wird." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Klar ist es gut, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Ich habe kein Bafög bekommen und musste jobben. Gemerkt hab ich nichts von dem Geld, wir standen in den Vorlesungen immer noch bis an die Tür." Emel Tangüner (29) studiert VWL. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Levent Tangüner (23) studiert wie seine Schwester VWL.
Levent Tangüner (23) studiert wie seine Schwester VWL. "Von den Studiengebühren wurde ein neues Gebäude finanziert, aber damit hab ich nichts am Hut. Ich bekomme Bafög, also musste ich nicht jobben." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Man muss jetzt genau überlegen, wie man die Unis anders finanzieren will. Eine einheitliche Regelung ist notwendig. Von den Studiengebühren hatte ich bis jetzt kaum etwas." Stefanie Ortmeier (23) sutdiert Mathe, Theologie und Geschichte. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Udo Backhaus (64) ist Professor für Didaktik der Physik.
Udo Backhaus (64) ist Professor für Didaktik der Physik. "Ich sehe beide Seiten. Der Uni wird das Geld fehlen. An die Gegenfinanzierung glaube ich noch nicht so recht. Die Studenten merken die 500 Euro. Ich verstehe, dass sie dagegen sind." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Wenn man arbeiten geht und studiert, hat man kein eigenes Leben mehr. Vom Geld hab ich nichts gemerkt außer, dass wir in zwei Vorlesungen Reader bekommen haben." Melanie Franzen (21) studiert Soziologie. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Johannes Mondon (24) studiert Mechatronik.
Johannes Mondon (24) studiert Mechatronik. "Ich finde gut, dass die Studiengebühren neue Ausstattung finanzieren. Das hat man gleich gemerkt. Ich finde aber, dass 500 Euro zu viel sind. Man müsste einen Mittelweg finden." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Mir ist das völlig gleichgültig, weil ich Bafög-Empfänger bin. Wie sehr die Abschaffung die Uni beeinträchtigen wird, weiß ich nicht." Werner van den Berg (21) studiert VWL. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Es ist in Ordnung, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Die waren nicht so effektiv. Ich hatte mir vor der Einführung auch schon überlegt, extra in ein anderes Bundesland zu gehen." Corinna van Bragt (21) studiert VWL. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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Ministerin gegen „Eintrittsgeld“

Bildung dürfe „nicht vom Geldbeutel abhängen“, sondern sei eine „staatliche Aufgabe“, sagte Wissenschaftsministerin Svenja Schulze. Die SPD-Politikerin sprach von einem „Gewinn“ für die Studenten. Rot-Grün erfülle mit der Abschaffung ein zentrales Wahlversprechen. Auch in Hamburg werde die SPD die Gebühren kippen. Bildung sei „keine Ware“, für die es „Eintrittsgeld“ geben dürfe, sagte Schulze.

Der Beschluss gegen Gebühren sei „eine Frage der sozialen Gerechtigkeit“ und der ökonomischen Vernunft, sagte Kraft. Die SPD stehe zur Entscheidung des früheren Wissenschaftsministers und langjährigen Ministerpräsidenten Johannes Rau, der die Hochschulen in NRW für Arbeiterkinder geöffnet habe.

Die alte schwarz-gelbe Landesregierung hatte die Studiengebühren 2006 eingeführt. Prüfberichten zufolge gaben nicht alle Universitäten die eingenommenen Gelder zur Verbesserung der Lehre aus. Klagen gegen die Gebühren waren gescheitert. Immer wieder hatte es Studentenproteste gegen die Beiträge gegeben.

Als Ausgleich für die Gebühreneinnahmen sollen alle NRW-Hochschulen Kompensationsmittel in Höhe von mindestens 249 Millionen Euro jährlich zusätzlich zum Landeszuschuss erhalten. In 2011 zahlt das Land eine Summe von 125 Millionen Euro. In NRW gibt es insgesamt mehr als 500.000 Studenten.

Opposition fürchtet schlechtere Lehre

CDU und FDP erwarten durch die Abschaffung eine Verschlechterung der Lehre in den Hörsälen an Rhein und Ruhr. Rot-Grün nehme den „Hochschulen eine wichtige Finanzierungssäule weg“, sagte der CDU-Bildungsexperte Michael Brinkmeier. Das Ende der Gebühren sei eine „Katastrophe“. Ex-Forschungsminister Andreas Pinkwart (FDP) verteidigte die unter seine Ägide eingeführten Gebühren. Diese hätten den Hochschulen einen „Qualitätssprung“ gebracht.

Wissenschaftliche Untersuchungen hätten bewiesen, dass Gebühren junge Frauen und Männer von der Aufnahme eines Studiums abhielten, sagte hingegen die Hochschul-Expertin der Grünen, Ruth Seidl. CDU und FDP sehen hingegen keinen Beweis für einen Abschreckungs-Effekt.

Die Linke hatte eine Abschaffung der Abgaben bereits zum Sommersemester verlangt, wollte sich dem rot-grünen Gesetzentwurf aber nun nicht mehr entgegenstellen. Man sei immer die „treibende Kraft“ gegen Gebühren gewesen, sagte die wissenschaftspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Gunhild Böth. Sie forderte von Rot-Grün mehr Landesgelder für die Universitäten. (dapd)

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