Straßburg. Das Bundesverfassungsgericht hat den EU-Reformvertrag von Lissabon für verfassungskonform erklärt, aber dennoch den Ratifizierungsprozess vorerst gestoppt. In vier EU-Staaten steht die vollständige Verabschiedung des Vertrages noch aus. Eine Übersicht.

Das Bundesverfassungsgericht hat den EU-Reformvertrag von Lissabon für verfassungskonform erklärt, aber dennoch den Ratifizierungsprozess vorerst gestoppt. In vier EU-Staaten steht die vollständige Verabschiedung des Vertrages noch aus:

DEUTSCHLAND

Bevor Bundespräsident Horst Köhler den Vertrag unterzeichnen kann, muss nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in einem neuen Begleitgesetz das Mitspracherecht von Bundestag und Bundesrat ausgebaut werden. Dazu kommt der Bundestag am 26. August zu einer Sondersitzung zusammen. Der Lissabon-Vertrag sieht erstmals Mitentscheidungsrechte der nationalen Parlamente bei EU-Gesetzen vor. Zur Umsetzung dieser Rechte müssen die EU-Staaten entsprechende Vorkehrungen treffen.

IRLAND

Die größte Hürde muss der Vertrag in Irland nehmen. Dort soll die Bevölkerung Anfang Oktober erneut per Volksabstimmung befragt werden. Im Juni 2008 hatten die Iren den Vertrag durchfallen lassen. Die EU sichert dem Land nun zu, dass sein Abtreibungsverbot durch den Reformvertrag von Lissabon ebenso unangetastet bleibt wie die Steuerpolitik und die Neutralität in Verteidigungsfragen. Umfragen zufolge ist die Zustimmung der Bürger zu dem Vertrag in den vergangenen Monaten deutlich gewachsen. Irland ist das einzige EU-Land, in dem ein Referendum zur Ratifizierung nötig ist.

POLEN

In Polen verweigert Präsident Lech Kaczynski seit mehr als einem Jahr seine Unterschrift unter den Lissabon-Vertrag. Das Parlament hatte dem Text im April 2008 seine Zustimmung gegeben. Kaczynski begründet seine Haltung mit dem ausstehenden Referendum in Irland.

TSCHECHIEN

In Tschechien haben das Verfassungsgericht sowie das Abgeordnetenhaus und der Senat den Vertrag gebilligt. Eine Gruppe von Senatoren der euroskeptischen Partei ODS hat aber eine neue Klage vor dem Verfassungsgericht angekündigt. Zudem muss Präsident Vaclav Klaus seine Unterschrift unter den Vertrag setzen, den er selbst entschieden ablehnt. Klaus hatte zwar versprochen, er werde sich dem Willen des tschechischen Parlaments nicht widersetzen. Er zeigt aber keine Eile. Letzte Woche sagte er, er wolle zunächst die Ratifizierungsverfahren in Deutschland, Irland und Polen abwarten. (afp)