Bayreuth. . Nach den Plagiats-Vorwürfen gegen Verteidigungsminister Guttenberg hat die Universität Bayreuth am Dienstag reagiert. Laut einem Medienbericht werde er an der Rechtswissenschaftlichen Fakultär nicht mehr als Doktor geführt.

Nach dem Verzicht Karl-Theodor zu Guttenbergs (CSU) auf seinen Doktortitel will sein Verlag die von ihm verfasste Dissertationsschrift künftig weder ausliefern noch neu auflegen. "In der vorliegenden Form bleibt die Dissertation dauerhaft aus unserem Angebot gestrichen", sagte des Geschäftsleiter des Wissenschaftsverlags Duncker und Humblot, Florian Simon, dem Berliner "Tagesspiegel" (Mittwochausgabe) laut Vorabbericht. Ob der Verlag Schadensersatzansprüche gegen den Minister geltend machen will, ließ Simon offen. "Vor einer Entscheidung der Universität Bayreuth stellt sich die Frage rechtlicher Schritte für uns nicht", sagte er.

Unterdessen Der Präsident der Universität, Rüdiger Bormann, sagte am Dienstag, die Hochschule werde die Dissertation genau prüfen. Der Beschluss über einen möglichen Entzug des Doktorgrades liege eindeutig bei der Universität. Die rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät führte Guttenberg am Dienstagabend bereits nicht mehr als Doktor. Die Onlineausgabe der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" berichtete, Guttenberg sei auf der im Internet einsehbaren Einladung zu einer Doktoranden-Ehrung am 21. Mai noch am Montag mit Doktortitel erschienen. Am Dienstagabend fand sich der akademische Titel dort nicht mehr. Der Minister soll auf der Veranstaltung die Festrede halten.

Uni hat Guttenbergs Arbeit nicht kontrolliert

Die Plagiatsvorwürfe - und -beweise gegen Karl-Theodor zu Guttenberg werfen nicht unbedingt ein schmeichelhaftes Licht auf die Universität Bayreuth, wo der Verteidigungsminister seine Promotion abgelegt hat. Wie konnte das passieren? Wie konnten die offensichtlichen Fehler in der Doktorarbeit die Prüfungsgremien passieren. Universitätspräsident Bormann betonte nun: Es galt das Vertrauensprinzip.

Auf die Frage, warum keine Software-Prüfung auf Plagiat stattgefunden hat, sagte Bormann, bei einer Promotion bestehe ein Vertrauensverhältnis zwischen Doktorand und Doktorvater. Eine solche Kontrolle finde nur bei Verdacht statt. Dieser sei hier nicht gegeben gewesen. Den Imageschaden für die Uni schätze er als relativ gering ein.

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    Wie lange die Universität Bayreuth für die Prüfung der Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) braucht, ist weiter offen. Bormann betonte, der Brief Guttenbergs mit der Bitte um Rücknahme des Doktortitels erleichtere die Antwort auf die zentrale Frage, inwiefern wissenschaftliches Fehlverhalten vorliege. Gleichwohl entbinde er die Kommissionen aber nicht von ihrer Pflicht, die Arbeit zu prüfen. Die Entscheidung, ob der Minister seinen Titel weiterhin führe, liege bis zum Ende der Untersuchung bei ihm selbst. Der Beschluss über einen möglichen Entzug des Doktorgrades liege eindeutig bei der Universität, stellte der Universitätspräsident klar.

    Union schart sich um den Minister

    Guttenberg wird vorgeworfen, Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben zu haben. Der Minister hatte der Universität am Montagabend mitgeteilt, dass seine Dissertation „gravierende handwerkliche Fehler“ enthalte, die nicht mit wissenschaftlichem Arbeiten zu vereinbaren seien. Daher habe er um Rücknahme des Doktortitels gebeten. Mehrere Unionspolitiker stellten sich am Dienstag demonstrativ hinter den Minister, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte den Verzicht auf den Titel. Die Opposition forderte Guttenbergs Entlassung.

    In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass Guttenberg in weiten Teilen seiner Doktorarbeit von anderen Autoren übernommene Textstellen nicht als Zitate gekennzeichnet hatte. Nachdem der Minister die Plagiatsvorwürfe zunächst als „abstrus“ zurückgewiesen hatte, räumte er angesichts der immer neuen Belege am Montagabend „gravierende Fehler“ beim Verfassen der Arbeit ein. In einem Brief an die Universität Bayreuth bat er um Rücknahme des Titels. Die Universität wollte am Nachmittag Einzelheiten zum weiteren Verfahren mitteilen.

    Merkels Sprecher Steffen Seibert teilte in Berlin mit, die Kanzlerin finde Guttenbergs Entscheidung zum dauerhaften Verzicht auf den Doktortitel richtig. In der Union erhielt Guttenberg Rückendeckung. Der Minister habe in der Bevölkerung und in den Streitkräften enormen Rückhalt, weil er für eine ernsthafte, verlässliche und erfolgreiche Politik stehe, erklärte Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Eine „Kampagne“ gegen ihn werde die Union nicht zulassen. Guttenbergs Entscheidung, auf den Titel zu verzichten, sei „aller Ehren wert“, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) dem „Hamburger Abendblatt“ vom Dienstag.

    "Kein überzeugender Beitrag zur Problembewältigung"

    Guttenberg habe nach wie vor die „uneingeschränkte Unterstützung“ für seine politische Arbeit, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU), vor Journalisten in Berlin. Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, sagte, er könne keinen Zusammenhang zwischen Guttenbergs wissenschaftlichem Wirken und seiner politischen Arbeit erkennen. Er gehe davon aus, dass Guttenberg beim Verfassen der Arbeit nicht bewusst und absichtlich jemanden getäuscht habe.

    Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erklärte am Dienstag in der WDR-Sendung "Eins zu eins", Guttenbergs Erklärung vor der Presse am vergangenen Freitag sei "jedenfalls kein überzeugender Beitrag zur Problembewältigung" gewesen und er könne sich "seinen Auftritt ... nur so erklären, dass ihm zum damaligen Zeitpunkt das Ausmaß der Schlampigkeit nicht klar war, mit der die Arbeit verfasst und eingereicht worden ist."

    Lammert nahm dem WDR zufolge auch Stellung zu den Vorwürfen, Guttenberg habe den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages für seine Doktorarbeit genutzt. Lammert betonte, dass das Recht an der Verwertung dieser gutachterlichen Stellungnahmen keineswegs an den Abgeordneten übergehe. Wenn er es weiter verwerten wolle, bedürfe dies einer förmlichen Genehmigung.

    Opposition fordert Rücktritt

    Wenn Arbeiten des wissenschaftlichen Dienstes ohne Quellenangaben genutzt würden, dann, "wäre das offenkundig ein doppelter Verstoß sowohl gegenüber den Regelungen des Deutschen Bundestages in der Nutzung des wissenschaftlichen Dienstes als auch gegenüber den wissenschaftlichen Mindeststandards bei der Verfassung von wissenschaftlichen Arbeiten", erklärte Lammert.

    Die Opposition gab sich mit Guttenbergs Titelverzicht nicht zufrieden. Guttenberg habe „getäuscht und gelogen“, erklärte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann in Berlin. Die Kanzlerin müsse sich überlegen, ob sie einen Lügner im Kabinett haben wolle. SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte, Guttenberg habe durch die Affäre seine „Glaubwürdigkeit“ verloren. Die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Krista Sager, warf der Union vor, Guttenbergs unlautere Methoden bei der Erstellung seiner Doktorarbeit zu „verniedlichen“. Die Affäre soll nach Angaben der Grünen am Mittwoch auch Thema einer aktuellen Stunde im Bundestag sein.

    Auch in der Bundeswehr sorgte die breite Berichterstattung über Guttenbergs Verhalten für Unruhe. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, sagte im Deutschlandradio Kultur, er finde es „nicht gut“, wenn die Bundeswehr wegen der Plagiatsaffäre „vermehrt in Satiresendungen“ auftauche.

    Bundestag wird sich in 'Aktueller Stunde' mit Fall Guttenberg befassen

    Bei den Bürgern scheint die Affäre dem Minister noch nichts anzuhaben: In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap im Auftrag des ARD-Magazins „Report“ äußerten sich 73 Prozent von 500 Befragten zufrieden mit Guttenbergs politischer Arbeit.

    Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wird in der Affäre um seine Doktorarbeit am Mittwoch erstmals im Bundestag Stellung beziehen. Der CSU-Politiker werde bei einer für den Nachmittag angesetzten Aktuellen Stunde präsent sein und das Wort ergreifen, verlautete am Dienstag in Berlin nach einer Unions-Fraktionssitzung aus Teilnehmerkreisen. (dapd)