Berlin. . Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Staaten im Nahen und Mittleren Osten aufgefordert, auf Gewalt gegen Demonstranten zu verzichten. Bundespräsident Wulff sagte wegen der Gewalt eine geplante Reise nach Bahrain ab. Unruhen in Lybien gehen weiter, die Opposition spricht von 20 Toten. Demonstrationen gehen auch im Jemen weiter.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Staaten im Nahen und Mittleren Osten aufgefordert, auf Gewalt gegen Demonstranten zu verzichten. Bundespräsident Wulff sagte wegen der Gewalt eine geplante Reise nach Bahrain ab. Unruhen in Lybien gehen weiter, die Opposition spricht von 20 Toten. Demonstrationen gehen auch im Jemen weiter.
In einem Telefonat mit dem Kronprinzen von Abu Dhabi, Scheich Mohammed bin-Zayed al Nahyan, habe Merkel ihre große Sorge über die Ereignisse in der Region zum Ausdruck gebracht, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Die Ausübung der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit sei ein universelles Recht, habe die Kanzlerin betont. Die Regierungen seien aufgefordert, nicht nur auf Gewalt zu verzichten, „sondern aktiv die Bürger bei der Ausübung ihrer Rechte zu schützen und nicht zu behindern“.
Wulff sagt Reise nach Bahrain ab
Bundespräsident Christian Wulff sagte derweil eine für kommende Woche geplante Reise in den Golfstaat Bahrain ab. Angesichts des Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten komme zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Reise des Bundespräsidenten nach Bahrain nicht in Betracht, erklärte ein Sprecher. Versammlungs- und Meinungsfreiheit müssten in vollem Umfang garantiert werden.
In Bahrain sind vier Todesopfer der blutigen Niederschlagung der Oppositionsproteste beigesetzt worden. Tausende Schiiten wohnten den Trauerfeiern am Freitag nahe der Hauptstadt Manama bei. Bundespräsident Christian Wulff sagte wegen des harten Vorgehens der Sicherheitskräfte eine geplante Reise nach Bahrain ab; US-Präsident Barack Obama rief das verbündete Emirat zum Gewaltverzicht auf.
Panzer in der Hauptstadt
Die vier Schiiten waren in der Nacht zum Donnerstag getötet worden, als die Sicherheitskräfte den von Demonstranten besetzten Perlenplatz in Manama gewaltsam räumten. Die Sicherheitskräfte setzten dabei nach Angaben von Zeugen und Oppositionellen Tränengas, Gummigeschosse und Splitterkugeln ein. Die Behörden geben die Totenzahl des Einsatzes bisher immer mit drei an. An strategischen Verkehrspunkten in Manama sind seither Panzer postiert.
Seit Beginn der regierungskritischen Demonstrationen am Montag kamen laut Opposition sechs Menschen ums Leben. Die Protestbewegung umfasst in dem gerade einmal eine Million Einwohner zählenden Emirat die mehrheitlich schiitische Bevölkerung, die gegen die sunnitische Dynastie unter König Mohamed bin Issa el Chalifa aufbegehrt. Die Schiiten bemängeln vor allem Diskriminierungen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie bei den Sozialdiensten.
Gewalt in Libyen
In der libyschen Stadt Benghasi hat am Freitag nach schweren Zusammenstößen zwischen Gegnern von Machthaber Muammar Gaddafi und Sicherheitskräften ein massives Polizeiaufgebot für Ruhe gesorgt. In der Nacht hatten mehrere tausend Regierungsgegner gegen die Tötung von über 20 Demonstranten durch Sicherheitskräfte bei früheren Kundgebungen demonstriert. Gaddafi selbst zeigte sich am Freitag kurz vor Anhängern auf einem Platz in der Hauptstadt Tripolis, gab aber keine Stellungnahme ab.
Am Freitag stehen auch die Beerdigungen der getöteten Demonstranten an. Bei früheren Gelegenheiten verwandelten sich die Trauerfeierlichkeiten in Proteste gegen die Regierung. In Benghasi im östlichen Landesteil Cyrenaika ist der Widerstand gegen Gaddafi besonders stark. Die Region fühlt sich von Gaddafi vernachlässigt, da ein Großteil der Erlöse aus dem Verkauf der reichen Erdölvorkommen in den Westen des Landes fließt.
Europaparlament verurteilt die Gewalt
Das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in Libyen und Jemen hat im Europaparlament Besorgnis ausgelöst. Parlamentspräsident Jerzy Buzek verurteilte am Freitag die „exzessive Gewalt“ der Regierungen in Tripolis und Aden gegen ihre eigenen Bürger. Diese werde sich letztlich gegen die Verantwortlichen wenden, warnte der Pole in einer Mitteilung an die Presse. Der Vorsitzende der sozialistischen Fraktion, Martin Schulz (SPD), forderte die libysche Regierung auf, die Grundrechte ihrer Bürger einzuhalten. Dazu gehöre das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die gewaltsame Unterdrückung der Proteste sei „völlig inakzeptabel“.
Unruhen im Jemen
Im Jemen drohten am Freitag zehntausende Gegner und Unterstützer von Präsident Ali Abdullah Saleh aufeinander zu stoßen. Mehrere tausend Oppositionelle versammelten sich auf dem seit Tagen besetzten Freiheits-Platz in der Stadt Tais rund 200 Kilometer südlich der Hauptstadt Sanaa. In Erwartung möglicher Auseinandersetzungen errichteten die Regierungsgegner Erste-Hilfe- und Verpflegungs-Zelte. Außerdem wurden Gruppen zusammengestellt, die Befürworter des Präsidenten den Zugang zu dem Platz verwehren sollten.
Rund zehntausend regierungstreue Demonstranten strömten an anderen Stellen der Stadt zusammen. Sie riefen: „Ja zu Einheit und Stabilität, Nein zu Chaos und Sabotage.“ Das staatliche Fernsehen sprach von einer Million Unterstützer, die sich in der vier Millionen Einwohner zählenden Stadt versammelt hatten. Im Jemen versuchen Oppositionsgruppen wie in anderen arabischen Ländern nach ägyptischen Vorbild die autokratischen Regierungen zu stürzen.
Grüne: Keine Waffenlieferungen
Angesichts der gewaltsamen Niederschlagung von Demonstrationen in Bahrain fordern die Grünen von der Bundesregierung einen sofortigen Stopp der Waffenexporte in den Golfstaat. Deutschland dürfe sich „nicht zum Gehilfen von Unterdrücker-Regimen machen“, sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck am Freitag „Handelsblatt Online“. Rüstungsgüter dürften nicht an Länder geliefert werden, die Waffen nutzen könnten, um Proteste niederzuschlagen. Sonst drohe die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung unglaubwürdig zu werden.
Laut Rüstungsbericht der Bundesregierung wurden im Jahr 2009 Waffenexporte nach Bahrain im Wert von zwei Millionen Euro genehmigt. Demnach entfiel knapp die Hälfte des Auftragsvolumens auf Schusswaffen und Munition. Im Vergleich zu anderen Zielländern nehmen sich die Zahlen aber relativ gering aus. So weist der Rüstungsbericht etwa Waffenexporte nach Ägypten in Höhe von 77,5 Millionen Euro aus und auch Libyen bezog 2009 für 53 Millionen Euro Rüstungsgüter aus deutscher Produktion. (afp/reuters)