Koblenz. . Die 28-Jährige hat Detlef S. vor Gericht schwer belastet. N. sagte aus, dass sie seit frühester Kindheit vom 48-jährigen Angeklagten missbraucht wurde. Außerdem habe S. sie an andere Männer “verkauft“. Detlef S. bestritt die Vorwürfe.

Detlef S. ist ein schmächtiger, alter Mann. Er erscheint vor Gericht gut gekleidet, trägt ein bordeauxfarbenes Jackett. Doch mit dem Verlesen der Anklage bröckelt die Fassade. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 48-Jährigen vor, in 350 Fällen seine leibliche Tochter und zwei seiner Stiefkinder misshandelt und sexuell missbraucht zu haben. Detlef S. hat mit seiner Stieftochter N. acht Kinder. Das gab der Angeklagte nach einigem Zögern zu. Er bestritt aber die Vorwürfe, Familienmitglieder missbraucht - und zur Prostitution gezwungen zu haben.

Die Anklage geht hingegen davon aus, dass Detlef S. ab dem Jahr 1995 zwei Mädchen immer wieder zwei Männern gegen Bezahlung zum Geschlechtsverkehr überlassen habe. Diese Version bestätigte seine Stieftochter, die 28-jährige N. . In einer nicht öffentlichen Befragung berichtete N. laut Angaben der Richter, dass sie seit frühester Kindheit von S. missbraucht wurde. In der Familie habe "ein ständiges Klima der Angst" geherrscht, sagte N. weiter. Detlef S. habe sie mit der Hand geschlagen - und mit einer selbstgebauten Peitsche.

Polizei findet pornographische Bilder im Schlafzimmer von S.

Zudem habe er sie an andere Männer "verkauft". Bei den sexuellen Übergriffen sei S. teilweise dabei gewesen, habe sich selbst befriedigt und Fotos von dem Geschlechtsverkehr gemacht.

Für diese Aussage gibt es offenbar Beweise: Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, habe die Polizei im Schlafzimmer von Detlef S. einen verschlossenen Werkzeugkoffer gefunden. Darin befanden sich auch Fotos, die Geschlechtsverkehr von N. mit anderen Männern dokumentieren.

Außerdem lagen in dem Werkzeugkoffer mehrere Packungen mit alten Antibaby-Pillen. N. hatte zuvor bereits ausgesagt, dass es Detlef S. darauf angelegt hätte, Kinder mit seiner Stieftochter zu bekommen. Unter anderem habe er ihr Antibaby-Pillen abgenommen.

Bereits 2002 wurde gegen Detlef S. ermittelt. Nachdem eine Hebamme ungewöhnliche Reaktionen der Familie bei zwei Geburten von N. gemeldet hatte, leitete die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung ein - und befragte auch zwei Enkel von Deflef S., S. und N. (damals sieben Jahre alt). Beide bestritten, missbraucht zu werden. Die Mutter der Kinder, N., wollte sich gegenüber der Staatsanwaltschaft nicht äußern. Daraufhin wurden die Ermittlungen eingestellt. Am Mittwoch begründete N. ihr damaliges Handeln mit der großen Angst, die sie vor S. gehabt habe. Anders könne sie sich nicht erklären, damals geschwiegen zu haben, sagte sie.

Eigene Tochter nennt Detlef S. ein "krankes, pädophiles Stück Scheiße"

Detlef S. hatte zu Prozessbeginn über seinen Verteidiger erklären lassen, dass alle Vorwürfe der Anklage falsch seien. Darüber hinaus wollte sich S. nicht äußern.

Das Gericht las im weiteren Prozessverlauf einen Brief der leiblichen Tochter von Detlef S., J., vor. Diesen Brief hatte sie nach der Flucht aus der Familie geschrieben. Darin heißt es in der Anrede voller Ironie: "Mein heißgeliebter Vater, wenn man dich je so nennen konnte...". Weiter schreibt J., dass sie missbraucht wurde und auch an andere Männer im Dorf "verkauft" wurde. An die Familie gewandt, schrieb sie: Detlef S. sei ein "krankes, pädophiles Stück Scheiße".

Der Anklage zufolge begannen die Übergriffe auf die damals vier und fünf Jahre alten Stiefkinder im Jahr 1987. Der Missbrauch der leiblichen Tochter J. soll am Tag ihres zwölften Geburtstags begonnen haben. Der 48-Jährige ist wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und der Förderung sexueller Handlungen von Minderjährigen angeklagt. Er sitzt seit August in Untersuchungshaft. Im Falle einer Verurteilung drohen Detlef S. bis zu 15 Jahre Haft.