Koblenz. . Eine Hebamme erinnert sich an das Missbrauchsdrama im Westerwald. Demnach war der Mann, der acht Kinder mit seiner Stieftochter gezeugt haben soll, bei allen Geburten dabei. Im Krankenhaus wurde man skeptisch und alarmierte sogar das Jugendamt.

Der Fall des 48-jährigen Detlef S. aus dem kleinen Dorf Fluterschen in Rheinland-Pfalz sorgt seit Tagen bundesweit für Entsetzen: Der Mann soll mit seiner Stieftochter acht Kinder gezeugt und jahrelang auch seine leibliche Tochter und einen Stiefsohn missbraucht haben. Insgesamt werden ihm 350 Sexualtaten zur Last gelegt. Ab Dienstag muss sich Detlef S. vor dem Landgericht Koblenz verantworten.

Detlef S. war offenbar bei den Geburten der Kinder dabei, die er mit seiner Stieftochter gezeugt haben soll. Wie die Hebamme Gabriele Schulte der Koblenzer „Rhein-Zeitung“ sagte, hat sie im Kreiskrankenhaus Altenkirchen drei der insgesamt acht Kinder der heute 28 Jahre alten Frau entbunden. Jedes Mal sei der Stiefvater Detlef S. mitgekommen. Auch bei den anderen fünf Geburten sei er immer dabei gewesen, hätten ihr Kolleginnen berichtet.

Beim ersten Mal habe sie sich noch nichts dabei gedacht. „Beim nächsten Kind kommt einem die Sache dann aber schon komisch vor, vor allem, wenn man wieder in die Akte eintragen soll „Vater unbekannt““, sagte die 57-Jährige der Zeitung.

Stieftochter wirkte resigniert

Schon bei der ersten von ihr betreuten Geburt im Jahr 2001 sei die Stieftochter sehr still gewesen, beim nächsten Mal zwei Jahre später habe sie gar resigniert gewirkt, berichtete die Hebamme: „Man hatte den Eindruck, dass sie die Sache nur irgendwie schnell hinter sich bringen wollte“, sagte Schulte. Der vermeintliche Großvater habe sich dagegen gefreut, „wie sich ein Opa eben freuen würde“. Der Mann sei zudem zuvorkommend, höflich und besorgt gewesen.

Dennoch schöpfte die Hebamme nach dem zweiten Kind den Verdacht, dass da etwas nicht stimmen könnte, und informierte nach eigenen Angaben gemeinsam mit dem leitenden Stationsarzt das Jugendamt. Die Jugendamtsmitarbeiter hätten die Familie dann wohl auch besucht. „Da aber die Kinder keinen vernachlässigten Eindruck machten und die Tochter ja auch nichts sagte, mussten sie wieder gehen“, sagte die Hebamme.

Jugendamt weist Vorwürfe zurück

Seit vergangenen August vergangenen Jahres sitzt Detlef S. in Untersuchungshaft. Bislang äußerte er sich laut Gericht zu den Vorwürfen nicht. Mit Spannung wird deshalb zu Prozessbeginn erwartet, ob der 48-Jährige im Gerichtssaal sein Schweigen bricht. Am ersten Verhandlungstag wird auch bereits eines der mutmaßlichen Opfer als Zeuge erwartet. In dem Prozess sind zunächst fünf Verhandlungstage bis Ende Februar angesetzt.

In der Kritik steht auch das Jugendamt des Kreises Altenkirchen, das zu unterschiedlichen Zeiten in Kontakt mit der Familie S. stand. Die Behörde weist allerdings Vorwürfe zurück, nicht eingegriffen zu haben. (dapd/afp)