Düsseldorf. . Zukunftsmusik oder einfach nur Radau? Von Kindergärten oder Spielplätzen ausgehender Lärm sorgt für viele Klagen. Die Bundesregierung will das nun stoppen und ein entsprechendes Gesetz ändern. Die Senioren-Union kritisiert den Plan als Bruch des Grundgesetzes.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) will die Klagewelle von Anwohnern gegen Kinderlärm stoppen. Künftig sollen Kindergärten und Spielplätze auch in reinen Wohngebieten „generell zugelassen“ werden. Gegen den Gesetzentwurf läuft die Senioren-Union Sturm.
Nach Röttgens Plänen wird das Kabinett in der kommenden Woche die Änderung des Bundesimmissionsgesetzes beraten. Weil Kitas mit Klagen von Anwohnern überzogen werden, macht sich der Bund für mehr Kinderfreundlichkeit stark. Kinderlärm soll – anders als Autolärm – generell kein Grund sein, vor Gericht zu ziehen. Geräusche von Kitas und Ballspielplätzen sind laut Entwurf „im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung“. Frühere Urteile von Anwohnern können dann angefochten werden.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Senioren-Union, Leonhard Kuckart (CDU), lehnte die generelle Zulassung von Kitas in Wohngebieten als Verstoß gegen das Grundgesetz ab, weil Rechte anderer verletzt würden. „Ein Dauerpegel von 90 Dezibel bleibt eine unzumutbare Lärmbelästigung - gleich, ob die Quelle nun sympathisches Kindergeschrei ist oder das Hämmern des Pressluftbohrers.“ Ältere hätten das Recht auf Erholung, sagte Kuckart. Deshalb müssten die Behörden in einem Wohnumfeld mit vielen älteren Menschen auch auf die Interessen der Ruheständler Rücksicht nehmen.
„Ein Dauerpegel von 90 Dezibel bleibt eine unzumutbare Lärmbelästigung“
Grünen-Landeschef Sven Lehmann bezeichnete Kinderlärm als „Zukunftsmusik“. Die Reaktion der Senioren-Union zeige, dass sich „innerhalb der CDU ein Konflikt der Generationen abspielt“, sagte Lehmann.
Röttgen reagiert mit dem Gesetzentwurf auf die Forderung des Bundesrats, Kitas generell auch in reinen Wohngebieten zuzulassen. Dafür sollen auch das Baurecht und das zivile Nachbarschaftsrecht angepasst werden. In zahlreichen Fällen hatten Anwohner erfolgreich gegen Kitas vor Gericht geklagt und wegen des Lärms Umweltschäden geltend gemacht. Dem wollen Bund und Länder einen Riegel vorschieben. In dem Entwurf heißt es: „Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkung dürfen Immissionsgrenz- und richtwerte nicht herangezogen werden.“
Mit der Gesetzesänderung sollen sogenannte „Abwehransprüche“ auf Einzelfälle begrenzt werden. Die mit 57 000 Mitgliedern einflussreiche Senioren-Union hält dagegen. „Nicht nur Kinder haben Rechte, auch ältere Menschen“, klagte Kuckart. “Selbstverständlich haben Kinder das Recht zu lärmen und zu toben, aber nicht überall.“