Düsseldorf. Die Finanznot von Städten und Gemeinden, aber auch fahrlässiges Handeln von Tierfreunden haben dazu geführt, dass immer mehr Ratten in den Innenstädten leben.Schätzungen von Experten zufolge sind es mittlerweile Millionen.

In den nordrhein-westfälischen Kommunen und Gemeinden sind inzwischen Millionen Ratten zu Hause, wie der Deutsche Schädlingsbekämpferverband in Essen zu berichten weiß. Neben achtlos weggeworfenen Essensresten seien auch die leeren öffentlichen Kassen dafür verantwortlich.

Bei der Müllbeseitigung wird dem Verband zufolge gespart. „Früher hatte beispielsweise jede Schule ihren Hausmeister. Direkt nach Schulschluss ist er mit einer Putzkolonne durchs Gebäude und über den Schulhof gezogen und hat aufgeräumt“, sagt Gsell. Heute hingegen sei ein Hausmeister zum Teil für mehrere Schulen zuständig, die Putzkolonnen kämen oft erst Stunden nach Schulschluss - wenn sie überhaupt täglich anrückten. „Da liegt das angebissene Pausenbrot dann länger rum“, sagt der Verbandsvorsitzende. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ratte dies mitbekommt und den Schulhof als neue Futterquelle für sich entdeckt, steige.

Doch das Rattenproblem vieler Städte ist nicht nur deshalb hausgemacht, weil viele Menschen Essen wegwerfen oder ihren Müll falsch lagern oder entsorgen. Auch Zuchtratten werden nach Angaben der Schädlingsbekämpfer zunehmend zum Problem. „Die Ratte wird schwanger, für die vielen Nachkommen ist aber kein Platz im Haus, also werden sie freigelassen, weil man sie ja auch nicht töten will“, berichtet Gsell. Gerade diese Ratten hielten sich jedoch auch nach ihrer Freilassung gerne im Umfeld der Menschen auf. Das Futter in der freien Natur zu suchen, seien sie schließlich nicht gewohnt.

In Dortmund sollen die Bürger helfen, das Problem in den Griff zu bekommen

Die Stadt Dortmund hat das Rattenproblem erkannt. Einmal im Jahr ruft sie ihre Bürger auf, gemeinsam gegen die Nager vorzugehen. „Nur so kann man die Population in einem gewissen Rahmen halten“, sagt Stadtsprecher Hans-Joachim Skupsch. Wie viele Ratten in der Ruhrgebietsstadt leben, ist unklar. Die Stadtverwaltung geht aber davon aus, dass auf jeden Einwohner mindestens eine Ratte kommt. Heißt: In Dortmund könnten über eine halbe Million Nager unterwegs sein.

Auch in Mülheim an der Ruhr ist die Verwaltung bemüht, Lieblingsplätze der Ratten zu beseitigen. So seien etwa Blumenkübel in der Innenstadt entfernt worden, berichtet Stadtsprecher Volker Wiebels. „Das waren wahre Futtertröge für die Ratten, weil viele Leute einfach ihre Pommesschalen oder Essensreste da reingeworfen habe, anstatt sie anständig zu entsorgen.“

Mülheim hat Blumenkübel aus der Innenstadt entfernt

Die Stadt Köln hat das Stadtgebiet im Kampf gegen die Ratten in „Raster“ gegliedert, wie Ursula Bender von der Desinfektionsstelle des Kölner Gesundheitsamts berichtet. Orte, an denen sich die Ratten besonders gerne aufhielten, würden zum Teil einmal monatlich kontrolliert, um bei Bedarf Köder auszulegen. Dadurch sei die Rattenpopulation in der Domstadt gesunken. Aber natürlich sei man weiterhin auch auf die Mithilfe der Bürger angewiesen. „Wenn sie Ratten sehen, sollen sie das melden“, sagt Bender daher.

Wie viel sie für die Rattenbekämpfung jährlich ausgeben, geben viele Städte nicht preis. Die Kosten dürften aber mindestens in die Hunderttausende gehen. Allein die Landeshauptstadt Düsseldorf muss für die akute Bekämpfung von Rattenbefall jährlich rund 30 000 Euro zahlen, wie Sebastian Veelken vom Ordnungsamt sagt. Nicht eingerechnet sind dabei Vorsorgemaßnahmen.

Das Schlimmste an Ratten ist nicht der Ekel, den sie bei vielen Menschen hervorrufen, sie sind auch ein gesundheitliches Problem. „Bei vielen Erkrankungen spielen sie als Überträger eine Rolle“, warnt Annette Jurke vom Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit (LIGA) in Münster. Über den Kontakt mit Lebensmitteln könnten sie unter anderem Salmonellen oder Listerien verbreiten, die Magen-Darm-Erkrankungen verursachen. (dapd)