Essen. . Viele Leiharbeiter verdienen so wenig Geld, dass sie zusätzlich auf Fürsorgeleistungen des Staates angewiesen sind. Dies ist Ergebnis einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Viele Leiharbeiter verdienen so wenig Geld, dass sie zusätzlich auf Fürsorgeleistungen des Staates angewiesen sind. Dies ist Ergebnis einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Mitte 2010, so die Studie, wurden 92 000 Leiharbeiter gezählt, die trotz sozialversichertem Job auf Hartz IV angewiesen waren. Das Verarmungsrisiko der Leiharbeiter sei vier bis fünf Mal größer als in der Gesamtwirtschaft. In keiner anderen Branche sei das Risiko der Hartz IV-Bedürftigkeit höher. Trotz konjunktureller Belebung seien immer mehr Leiharbeitskräfte auf Transferleistungen des Staates angewiesen. „Der Staat subventioniert über Hartz IV die Verleihbranche wie keine andere. Die Steuerzahler werden zur Kasse gebeten für das in der Branche praktizierte Lohndumping“, so der DGB.

In welch prekärer finanzieller Situation viele Leiharbeiter lebten, zeigen dem DGB zufolge die ermittelten Zahlen, die sich aus einer Sonderauswertung der Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit ergeben. Dieser liegen fast 500 000 Angaben zugrunde. Demnach verdienten 10,5 Prozent aller vollzeitbeschäftigten Leiharbeiter weniger als 1000 Euro brutto im Monat. In Ostdeutschland lag der Anteil bei etwa 20 Prozent. Lediglich eine Minderheit der Beschäftigten in der Verleihbranche kommt auch bei Vollzeit auf einen Verdienst von monatlich mehr als 2000 Euro. In der übrigen Wirtschaft gelte dies immerhin für gut 70 Prozent der Vollzeitbeschäftigten. Der DGB-Studie zufolge lag das mittlere Bruttoeinkommen aller Vollzeitkräfte bundesweit bei monatlich 2805 Euro im Jahr 2009, gegenüber 1456 Euro für Leiharbeiter.

„Von gerechter Entlohnung kann nicht gesprochen werden“

Das Fazit der Studie ist für den Gewerkschaftsbund: „Von einer gerechten Entlohnung in der Verleihbranche kann nicht gesprochen werden.“ Leiharbeit dürfe nicht länger ein Mittel sein, Stammbelegschaften zu ersetzen oder Löhne nach unten zu drücken. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss auch für Leiharbeitskräfte gelten.“

Angesichts der Verhandlungen zwischen Bundesregierung und Opposition über die Hartz-Reform wirkt die Veröffentlichung des DGB wohl platziert. Seit Tagen wird in Berlin über drei Verhandlungspunkte gestritten: die Höhe der Regelsätze, das Bildungspaket und den Mindestlohn. SPD und Grüne wollen der Hartz-Reform im Bundesrat nur zustimmen, wenn Zeitarbeiter bereits nach vier Wochen die gleichen Stundenlöhne erhalten wie fest angestellte Kräfte.

Die Arbeitgeber sind alarmiert. Eine Regelung zur gleichen Bezahlung von Zeitarbeitern hätte aus ihrer Sicht dramatische Folgen für den Arbeitsmarkt. Sie würde Beschäftigungschancen vernichten, sagte der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, der „Welt am Sonntag“. Zuvor hatte auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt vor „deutlichen Bremsspuren am Arbeitsmarkt“ gewarnt, sollte das so genannte Equal-Pay-Prinzip eingeführt werden. „Es würde in erster Linie die Schwächsten am Arbeitsmarkt treffen, nämlich Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte“, sagte Hundt.

Die Zeitarbeit hatte einen großen Anteil an der positiven Arbeitsmarktentwicklung nach der Finanz- und Wirtschaftskrise: Von den Jobs, die seit der Krise geschaffen wurden, entfiel laut Bundesagentur für Arbeit jeder zweite auf die Zeitarbeitsbranche.mit dapd