Washington. Vor dem Antrittsbesuch bei US-Präsident Obama ermuntert die Bundeskanzlerin die USA zu weiteren Anstrengungen im Klimaschutz. Außerdem nannte sie die Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise als Grundvoraussetzung für eine anhaltende globale Leitfunktion der westlichen Werte.

Unmittelbar vor ihrem Antrittsbesuch bei US-Präsident Barack Obama hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise als Grundvoraussetzung für eine anhaltende globale Leitfunktion der westlichen Werte genannnt. Die Kanzlerin nutzte die Verleihung des Eric-M.-Warburg-Preises am Donnerstagabend in Washington für einen dringlichen Appell, die transatlantischen Traditionen zu verteidigen.

«Die Welt ist voller Probleme, und wir müssen endlich anfangen», sie zu lösen, sagte Merkel in der Library of Congress, der größten Dokumentensammlung der Welt, vor Repräsentanten der «Atlantik-Brücke», einer hochkarätigen Vereinigung aus Politik und Industrie zur Pflege der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Zuvor hatte der Vorsitzende der Vereinigung, Airbus-Chef Thomas Enders, als Hauptgrund für die Verleihung des Preises an Merkel genannt, dass es ihr gelungen sei, die infolge der unterschiedlichen Auffassungen zum Irak-Krieg angespannten Beziehungen wieder auf die freundschaftliche Ebene zu heben.

Werte nicht zur Disposition stellen

Merkel wies darauf hin, dass Europa und die Vereinigten Staaten zusammen aufgrund ihrer Wirtschaftskraft, aber auch ihre Bevölkerungsstärke einiges bewirken können. Sie wolle nicht, dass die westlichen Werte zur Disposition gestellt würden, sagte sie und wiederholte die Kritik an den wahrscheinlichen Wahlmanipulationen im Iran und an der staatlichen Übergriffen auf Demonstrierende. Es sei «erschütternd», was da passiere. Hier werde die «Kernfrage unserer Werte» gestellt.

Auch eine Finanz- und Wirtschaftskrise, wie sie die Welt derzeit erlebe, «darf sich nicht wiederholen». Deshalb müsse sichergestellt werden, dass Leitplanken die Märkte vor dem Absturz bewahrten. «Von den Konsequenzen, die wir aus der Krise ziehen, wird sehr stark abhängen, wie unsere Werte sich weiterhin behaupten», sagte Merkel und fügte hinzu, sie sei nicht sicher, «ob die Banken alles verstanden haben», was da passiert sei und noch passiere. «Es geht um die Frage, ob unsere Werte und Überzeugungen weiter Gültigkeit haben.»

Wie Obama Türen aufstößt

Offenbar vor dem Hintergrund von Berichten, sie und Obama fänden nur schwer zu einer gemeinsamen Gesprächsbasis, lobte sie den Präsidenten. Es gefalle ihr, «wie Barack Obama Türen aufstößt, um Möglichkeiten zu nutzen und zu neuen Problemlösungen zu kommen». Auch die Klimapolitik der Vereinigten Staaten habe sich in nur wenigen Jahren erfreulich gewandelt.

Für Freitag setzt die Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, möglicherweise ein Klimaschutzgesetz zur Abstimmung an. Vor der Sitzung treffen sich Merkel und Pelosi. Das Gesetz sieht vor, die Emissionen von Kohlendioxid (CO2) und anderen Treibhausgasen bis 2020 um 17 Prozent zu drosseln. Bis zu Beginn des nächsten Jahrhunderts wird eine Verringerung um 80 Prozent gefordert. «So nah waren wir uns noch nie», sagte Ex-Umweltministerin Merkel, ergänzte aber gleich: «Es kann auch noch näher werden.» Immerhin habe sie den Eindruck, auch die Amerikaner wollten «mit aller Kraft» an einem Erfolg der Klimakonferenz von Kopenhagen im Dezember arbeiten, wo eine Kyoto-Folgevereinbarung zur Reduzierung von Treibhausgasen gefunden werden soll. (ap)