Bochum. . Zeit für stehende Ovationen, für Abschied, Rückschau und Emotionen bleibt nicht viel bei der Hauptversammlung von Thyssen-Krupp. Zwar wird Ekkehard Schulz verabschiedet - das täuscht aber nicht über Probleme hinweg.
Zeit für stehende Ovationen, für Abschied, Rückschau und Emotionen bleibt nicht viel bei der Hauptversammlung von Thyssen-Krupp. Zwar wird Ekkehard Schulz verabschiedet - das täuscht aber nicht über Probleme hinweg.
Am letzten Arbeitstag seiner fast 40-jährigen Karriere bei Thyssen-Krupp konnte Ekkehard Schulz eines der besseren Geschäftsjahre Revue passieren lassen. Das täuscht aber nicht über die tiefgreifenden Probleme hinweg, die Nachfolger Heinrich Hiesinger in den kommenden Jahren zu schultern haben wird. Die schlechte Note der Ratingagenturen sind nur eine Herausforderung für ihn.
Zeit für stehende Ovationen, für Abschied, Rückschau und Emotionen bleibt nicht viel bei der Hauptversammlung im Bochumer Congresscentrum. Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme kommt gleich in seiner Eröffnungsrede zur Sache. „Wir wollen ein besseres Rating zurückerhalten“, ruft er den versammelten Aktionären zu. Der „Ramschstatus“, in den die Agentur Standard & Poor’s Thyssen-Krupp jüngst einstufte, schmerzt die Konzernlenker. Zumal die Wettbewerber auf dem Stahlmarkt derzeit besser abschneiden: Arcelor Mittal gilt für Anleger als deutlich attraktiver, und die Salzgitter AG ist längst nicht so schwer verschuldet wie Thyssen-Krupp.
Technologiesparten stärken
Die auf 3,8 Milliarden Euro hochgeschnellten Verbindlichkeiten lasten schwer auf dem neuen Vorstandschef Hiesinger. Zumal er sich auch noch einen Finanzchef suchen muss. Alan Hippe, der sich selbst Hoffnung auf den Chefsessel bei Thyssen-Krupp gemacht hatte, scheidet zum 31. März aus und geht in gleicher Funktion zum Pharma-Konzern Roche. Mit der Zehn-Milliarden-Euro Investition in die neuen Stahlwerke Brasilien und Alabama ist das Pendel in den letzten Jahren eindeutig in Richtung Stahl ausgeschlagen.
Hiesinger, auf dem ein immenser Erwartungsdruck lastet, hat nun die Mission, die Technologiesparten von Thyssen-Krupp zu stärken. Bis zur Jahresmitte hat dem Manager, der sich seit Oktober 2010 in der Essener Hauptverwaltung einarbeitet, Chefaufseher Cromme Zeit gegeben, ein Konzept vorzulegen. Auf der Agenda steht aber offenbar auch der Verkauf des Autozuliefer-Geschäfts. Mit dem Abgang des Stahlmanns Schulz endet also nicht nur eine Ära, es beginnt auch die Neuausrichtung des Konzerns. Der ehemalige Siemens-Vorstand Hiesinger hatte in seiner Laufbahn bislang nie etwas mit Stahl zu tun und er ist der erste Thyssen-Krupp-Chef, der nicht aus dem eigenen Unternehmen kommt.
Der „Eiserne Ekki“ stahlhart
In seiner Abschiedsrede wird der „Eiserne Ekki“ vor diesem Hintergrund noch einmal deutlich: „Stahl bleibt auch in Zukunft der wichtigste industrielle Werkstoff. Die globalen Trends Mobilität, Energie und Ressourceneffizienz lassen sich nur mit Stahl bewältigen.“ Für 2011 erwartet er weltweit ein Rekordjahr für den Stahl.
Das Geschäftsjahr 2010/11 ist jedenfalls vielversprechend für Thyssen-Krupp gestartet. Von Oktober bis Ende Dezember stiegen Auftragseingang und Umsatz mit jeweils über elf Milliarden Euro über den Vorjahreswert. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wirde vorläufigen Zahlen zufolge trotz höherer Anlaufverluste durch neue Stahlwerke in den USA und Brasilien auf dem Vorjahresniveau von 277 Millionen Euro liegen.