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Die milliardenschweren Mauscheleien um den Nahverkehr im Revier sollen ein Ende haben. Das Bundeskartellamt droht der Landesregierung, dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und der Bahn mit Verfahren, sollten sie S-Bahn-Linien unter der Hand vergeben.

Der Deutschen Bahn droht massiver Ärger im Ruhrgebiet: Wie aus einem Be­schluss des Bundeskartellamtes von Freitag hervorgeht, der DerWesten vorliegt, droht das Amt damit, gegen jeden Einzelnen Verfahren einzuleiten, der unter der Hand dabei hilft, Aufträge für den Betrieb zweier S-Bahnen quer durch das Ruhrgebiet von der Bahn auf den Wettbewerber Abellio zu übertragen. Diese Drohung richtet sich „persönlich“ an alle Beteiligten – seien sie Mitarbeiter bei der Bahn, des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) oder der Landesregierung. Mit dem Beschluss beendet das Kartellamt milliardenschwere Mauscheleien um den Nahverkehr im Revier.

Bei dem Deal ging es ur­sprünglich darum, den Vertrag der Bahn mit dem VRR zum Schienennahverkehr ohne Ausschreibung um mindestens fünf Jahre bis 2023 zu verlängern. Im Gegenzug versprach die Bahn ihre Leistungen zu verbessern und mehr Wagen im S-Bahn-Verkehr einzusetzen. Gleichzeitig verzichtete die Bahn auf die sofortige Zahlung von rund 120 Millionen Euro, die ihr aus einem früheren Rechtsstreit zugestanden hätten. Das Geld konnte der VRR damals nicht zahlen – es hätte von den Kommunen oder dem Land überwiesen werden müssen.

Privater Wettbewerber Abellio hatte geklagt

Obwohl alles auf den ersten Blick nach einem fairen Kompromiss aussieht, nahmen etliche Verantwortliche im VRR das Geschäft als Erpressung wahr. Im Klartext hatte die Bahn gedroht, den VRR zu ruinieren, wenn der lohnende Vertrag nicht ohne Ausschreibung verlängert wird.

Der private Wettbewerber Abellio hatte vor dem Bundesgerichtshof gegen den Deal geklagt. Kurz vor einer Entscheidung des BGH versuchte die Bahn allerdings erneut zu mauscheln. Abellio sollte die S-Bahn-Linien S5 und S8 ohne Ausschreibung unter der Hand bekommen, wenn der Konkurrent seine Klage vor dem BGH zurückzieht.

Diesen zweiten Deal hat das Kartellamt nun unterbunden. Nach Ansicht der Wettbewerbshüter begründet die Mauschelei den strafbaren Verdacht des „Abkaufs von Wettbewerb“. Dann wird das Amt grundsätzlich: Sollte Abellio auf seine Klage verzichten und die Entscheidung des BGH unterlaufen, erhielte die Bahn den Vorteil, dass sie auch „zukünftig keinen signifikanten Rückgang ihrer Margen …. durch wettbewerbliche Verfahren zu befürchten habe“. Aktuell erzielt die Bahn im Regionalverkehr eine Eigenkapitaldividende von über 30 Prozent. Geld, das alle Bahnbenutzer und Steuerzahler bezahlen müssen.

Bahn droht mit sich verschlechterndem Service

Unter der Hand droht die Bahn seit einiger Zeit damit, dass sowohl das Land als auch der VRR Millionenbeträge zahlen müssten, wenn der BGH die Mauscheleien um den Bahnvertrag aufhebt. Weiter hat die Bahn inoffiziell damit gedroht, der Service im Ruhrgebiet würde einbrechen, wenn sie zum Wettbewerb gezwungen wäre. Offiziell sagt die Bahn: „Die DB hat in den letzten Jahren mehrere hundert Millionen Euro in Fahrzeuge für den Nahverkehr im Ruhrgebiet investiert. Dass derartige Investitionen eines Unternehmens einer rechtssicheren Grundlage bedürfen, versteht sich von selbst.“

Doch von Nachteilen für den Nahverkehr kann zu­nächst keine Rede sein. Selbst wenn die Bahn vor dem BGH verlieren sollte, müsste sie nach dem Altvertrag den Nahverkehr bis 2018 sichern.