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Es ist keine wirkliche Auszeichnung: Der Naturschutzbund hat den Chef des Energieriesen RWE, Jürgen Großmann, zum „Dinosaurier des Jahres“ ernannt. Den Negativpreis erntete Großmann wegen seiner Atompolitik. Er nahm´s gelassen.
Den Negativpreis „Dinosaurier des Jahres 2010“ für rückständige Positionen im Umweltschutz erhält RWE-Chef Jürgen Großmann. Der Naturschutzbund Deutschland brandmarkte den Energiemanager am Mittwoch wegen dessen Einsatz für längere Atomlaufzeiten und des Beharrens auf Kohlestrom.
Großmann nahm die Kritik gelassen. „Ich bin sehr dankbar“, schrieb der RWE-Chef an den Nabu und bat um Mitteilung, wann und wo er den Preis in Empfang nehmen dürfe.
Den „Dinosaurier des Jahres“ verleiht der Nabu seit 1993 an Persönlichkeiten, die sich aus seiner Sicht durch „besonders nachhaltige Dummheit“ in der Umwelt- und Klimapolitik hervorgetan haben. „Mit seiner hemmungslosen und provozierenden Beeinflussung der Bundesregierung für die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, die im Spätsommer in einer von ihm initiierten Anzeigenkampagne gipfelte, hat sich Herr Großmann den Preis in diesem Jahr redlich verdient“, sagte Tschimpke.
Umweltschützer beklagen ausschließliche Gewinninteressen
Dem RWE-Chef sei es dabei nicht um das Gemeinwohl gegangen, sondern einzig um die Gewinninteressen seines Unternehmens. Die von der Regierung zugestandenen durchschnittlich zwölf zusätzlichen Jahre Reaktorbetriebszeit brächten allein RWE rund 17 Milliarden Euro zusätzliche Gewinne. Dabei habe das Unternehmen bereits aus der Gratisvergabe von Zertifikaten für den Emissionshandel elf Milliarden Euro Profit eingestrichen. Trotzdem investiere die Konzernspitze zu wenig in zukunftsträchtige und umweltfreundliche Technologien.
So liege der Ökostrom-Anteil bei RWE nur bei drei Prozent, während er bundesweit inzwischen 16 Prozent erreiche. Mehr als 60 Prozent seines Stroms produziere der Energieriese aus klimaschädlicher Kohle und weitere 18 Prozent aus Kernenergie. Im Durchschnitt blase der Essener Konzern 800 Gramm Kohlendioxid für jede produzierte Kilowattstunde Strom in die Luft, während es bundesweit im Schnitt nur 575 Gramm seien.
“Das Unternehmen ist das rückschrittlichste Energieunternehmen Deutschlands“, sagte Tschimpke, der den anderen drei großen Energieversorgern Eon, EnBW und Vattenfall zumindest Ansätze für Bewegung attestierte. Mit dem Preis solle Großmann nicht persönlich angegriffen werden, doch stehe der Manager für einen „Unternehmertypus, der aussterben sollte“.
Großmann sieht Preis als Ehrung
Großmann interpretierte den Preis dennoch als Ehrung. Er sei dankbar - „wer wäre das nicht, wenn er dafür prämiert wird, mit seiner Arbeit den Interessen nicht nur des eigenen Unternehmens, sondern der gesamten Volkswirtschaft gedient zu haben“, schrieb er in einem veröffentlichten Brief an Tschimpke und verteidigte erneut die längeren Atomlaufzeiten. „Wir sichern die Stromversorgung, sorgen dafür, dass Strom bezahlbar bleibt“, hielt er dem Nabu entgegen.
Das von den Umweltschützern beklagte Fehlen eines Atommüll-Endlagers sei „weniger ein technisches, als vielmehr ein politisches Problem. Das müssen wir jetzt angehen.“
Großmann fügte an: „Bitte teilen Sie mir mit, wann und wo Sie die Preisübergabe stattfinden lassen wollen. Bei dem Anlass bietet sich sicherlich eine gute Gelegenheit, dieses überaus ernste Thema gemeinsam und öffentlich zu diskutieren.“ Er warf dem Nabu vor, sich einer solchen Auseinandersetzung bislang nicht gestellt zu haben. Vielmehr sei die Vergabe ein „schlichter PR-Gag“ gewesen. Tschimpke betonte allerdings, dass auch frühere „Dinosaurier“-Träger die 2,6 Kilogramm schwere Zinntrophäe durchaus selbst in Empfang genommen hätten.
Großmanns direkter Vorgänger, der Ökonom Hans-Werner Sinn, hatte mit dem Nabu öffentlich über seine Ansichten diskutiert. Weitere Preisträger waren unter anderen der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel, Bauernpräsident Gerd Sonnleitner und der frühere Bundeswirtschaftsminister Michael Glos. (dapd)